Auf der Biennale von Venedig 2017, Teil 7

Hannah Wölfel & Hanswerner Kruse

Venedig (Weltexpresso) - Eine traurige Frau steht an einem schmalen Kanal und drückt einen kleinen lebendigen Oktopus an ihre Brust. Ab und zu taucht sie ihn in eine Schale mit Wasser, die sie in der anderen Hand hält. Vielleicht ist das Geschöpf ihr verzauberter Liebster oder sie demonstriert gegen das Essen von Tieren?

In diesem kleinen Kanal rast auch ein wilder Narziss wie irre auf einem - zum Schiff umgebauten, grell bemalten Auto herum - und knallt die überraschten Zuschauer am Uferrand mit Opernmusik aus Lautsprechern voll.

Die beiden agieren im „Off“ der Biennale, aber auch im Giardini und Arsenale, im „In“, ist während der Eröffnung der Kunstfestspiele mächtig was los. Kuratorin Christine Marcel hat alle Künstler ermuntert, auch sich selbst zu präsentieren. Einige wohnen als Kunstwerke in der zentralen Ausstellungshalle. Indianer diskutieren mit Besuchern in einem löcherigen Wigwam über den respektvollen Umgang mit der Natur. Der alte Künstler David Medalla färbt den aus Fulda stammenden Jungkünstler Christoph Both-Asmus mit grellen Farbpigmenten ein.

Ein afrikanischer Künstler hat 72 (ehemalige) Jungfrauen in feine Kleider gehüllt, lässt sie am Ende des Arsenale-Geländes tanzen und überreicht ihnen kleine Holzfiguren. Dann werden sie in Gondeln in den Kanälen hin und her gefahren, später laufen sie singend durch die Gänge der Hallen. Man erfährt nicht so genau, was alle da eigentlich machen, aber irgendwie braut er diverse afrikanische Rituale zu einem sehenswerten theatralischen Mix zusammen.

Tänzerinnen, Selbstdarsteller, Musiker auf der Biennale - von allen ihren zahllosen Aktionen werden Videos gemacht, die später in den Hallen und auf der Webseite der Biennale gezeigt werden.

Die behutsamste Performance zelebriert ein junger Sisyphos in einem dunklen Raum, in der ein Strahler ein großes Rechteck auf den Boden zeichnet. Stundenlang fegt er immer wieder akribisch den Staub des Raumes in das Lichtbild über dessen Ränder.

Fotos:  Hanswerner Kruse