Was es mit den Bauern- und Wetterregeln auf sich hat, Teil 2

 

Sybilla von Suden

 

Hamburg (Weltexpresso) – So grundsätzlich wollten wir gar nicht werden, aber schaut man den Eisheiligen erst einmal unter ihre Bischofs- und Märtyrerröcke, so kommt manch Unerwartetes zum Vorschein.

 

 

SPRÜCHE

 

Seit jeher hat man die Wettererfahrungen mit den Heiligen auch sprachlich in Bezug gebracht. Dies ist nur eine ganz kleine Auswahl:

 

Mamerz hat ein kaltes Herz.

 

Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz.

Wenn's an Pankratius friert, so wird im Garten viel ruiniert.

Servaz muß vorüber sein, willst vor Nachtfrost sicher sein.

 

Pflanze nie vor der Kalten Sophie!

 

Die Kalte Sophie macht alles hie.

 

Pankraz und Servaz sind zwei böse Brüder, was der Frühling gebracht, zerstören sie wieder.

 

Das „Hie“, das Hinsein, will sagen Kaputtsein, bezieht sich auf die Bodenfröste, die man fürchten muß. Daß es dazu im Mai kommt, hat mit der Konsequenz der unterschiedlichen Erwärmung von kontinentalen Teilen Europas und den Wassern um es herum zu tun. Denn das Festland erwärmt sich sehr viel schneller als der Nordatlantik. Das hat zur Folge, daß zwischen Warmluft und Kaltluft Tiefdruckgebiete entstehen, die dann auch polare Luft nach Mitteleuropa bringen.

 

Dieser Kälteeinbruch kann also nur entstehen, wenn es vorher bereits warm war. Auch wenn es, wie in diesem Jahr, wohl keine Bodenfröste gibt, ist doch die Kälte dennoch gefährlich, weil es an Tagen wie diesen zwischendurch eine heiße Sonne gibt, die den Pflanzen vorgaukelt, alles sei gut, dem der nächtliche Schock der Kälte auf dem Fuß folgt.

 

Das hat man natürlich auch über die Jahre statistisch unter die Lupe genommen. Während man bei einer Langschnittmessung einer Stadt diese Erfahrungen des Kälteeinbruchs nicht im Detail nachweisen kann, gilt aber über einen längeren Zeitraum von 100 Jahren für das gesamte Gebiet Deutschlands tatsächlich der Nachweis des Kälteeinbruchs um Mitte Mai.

 

 

Widersprüche

 

Wir sind weder Meteorologen noch forschende Historiker. Aber da stimmt was nicht. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand genauso wie die geringen Geschichtskenntnisse, die den Kalender angehen. Seit der Schulzeit ist uns heilig, was wir damals nicht fassen wollten, daß dieser Papst Gregor VIII. Die eingetretenen Unterschiede zum Sonnenjahr und zum Julianischen Kalender – konfliktreich wegen der Terminierung des Osterfestes - dadurch aus der Welt schaffte, in dem er 1582 zehn Tage einfach überspringen ließ, auf Donnerstag, den 4. Oktober folgte in katholischen Ländern – in den anderen später auch – Freitag, der 15. Oktober. Im neuen gregorianischen Kalender (Kalenderjahr mit 365,2425 Tagen statt mit 365, 25) gibt es deshalb die Schaltjahre, die die Ungleichheit pro Jahr um einen Vierteltag mit dem Sonnenjahr fortlaufend korrigieren. Deshalb gibt es alle vier Jahre ein Schaltjahr und einen 29. Februar. Der nächste ist 2016. Neben dieser Regel gibt es eine weitere, die sicherstellt, daß auch die angehäuften Sekunden irgendwann verrechnet werden. Und zwar zu den Jahrhundertsprüngen. Kann man diese durch 400 teilen, ist ein Schaltjahr, so wie es im Jahr 2000 war. Aber 1900 war kein Schaltjahr und 2100 wird auch keines sein, weil dies die sogenannten Säkularjahre sind, deren Zahl durch 100 geteilt immer einen Rest ergeben, was auch für 1700 und 1800 galt.

 

Da könnten wir uns jetzt gleich aus lauter Lust verheddern, aber hier geht es ja nicht um Berechnungen, sondern um die Konsequenz aus der Umstellung des Kalenders. Demnach müßten nämlich die schon vor 1582 auf die fünf Heiligen festgelegten Eisheiligen nicht mehr Mitte Mai in Erscheinung treten, sondern es müßte rund zehn Tage später neue Eisheilige geben, denn das alte Datum von Mitte Mai ist genau um die Tage verschoben, die der gute Gregor VIII. Ausgelassen hat. Und es gibt nicht wenige, die immer wieder mit dem Thermometer beweisen, daß die eigentlichen Eisheiligen erst nach dem 20. Mai kommen.

 

Wir können nur referieren. Ist aber doch wirklich spannend. Was auch immer Gelehrte und Ungelehrte sagen. Wir lernen aus Erfahrung. Und die Erfahrung sagt uns, nachdem wir immer wieder durch zu frühes Pflanzen und säen bestraft worden sind: „Finger weg!! Erst nach den Eisheiligen aktiv im Garten werden.“ Und wir belassen die Eisheiligen ganz unwissenschaftlich, aber populär Mitte Mai, denn irgendwann muß es mit dem Garten doch endlich losgehen!