Serie: Einige Geschichten vom Mond, Teil 1

 

Cordula Passow

 

Kassel (Weltexpresso) – Gerade schrieb eine Leserin: „Wie war das bitte mit dem Vollmond? Ich soll am Dienstag, 17. Dezember an der rechten Hüfte operiert werden. Da ist aber Vollmond und ich habe in Erinnerung, daß dies ganz schlecht für Operationen ist. Sie hatten vor Jahren einmal darüber geschrieben, deshalb....“.

 

Tatsächlich. Jahrelang waren wir ganz bei der Sache MOND, orientierten uns häufig an den MONDJAHREN der Johanna Paungger und Thomas Poppe und gaben immer wieder Tips, wenn etwas besonders auffällig war und beantworteten in Artikeln auch die Fragen von Lesern. Leider haben wir das angesichts von so viel Aktuellem völlig aus dem Blick verloren, wollen aber die obige Anfrage zum Anlaß nehmen, wieder verstärkt den Mond in unser Reaktionsleben aufzunehmen und über Artikel auch die Leserschaft daran teilhaben zu lassen.

 

Auf die Schnelle also zu den Operationen bei Vollmond/Vollmondphasen, denn es geht nicht um die eine Nacht, den einen Tag, sondern um die Zeit um den Vollmond herum. Zuerst jedoch haben wir überprüft, ob das angegebene Datum stimmt und finden: DER NÄCHSTE VOLLMOND IST AM DIENSTAG, 17. Dezember 2013. Stimmt also und zwar genau um 10 Uhr 28 Minuten und 6 Sekunden Mitteleuropäischer Zeit, wobei das Mondzeichen Zwilling ist, womit wir schon gleich überfordert sind. Darum lieber sofort zu den Operationen.

 

In unserer Redaktionsablage haben wir einen Artikel aus DIE ZEIT, in der von einer Studie des Heidelberger Soziologen Georg Wunder berichtet wird, dernach der Mond bei Vollmond keine Wunder vollbringt, genauso wenig Schaden bei Operationen anrichtet. Mit dem österreichischen Chirurgen Michel Schardtmüller hat Wunder insgesamt 228 Operationen systematisch in ihrer Abhängigkeit von der Mondphase untersucht und kam zum eindeutigen Schluß, daß bei Vollmond keine Zunahme von Komplikationen festzustellen sei. Dies wurde in der uns unbekannten Zeitschrift für Anomalistik, Bd. 2, S. 91 so berichtet, wobei Wunder Wert darauf legt, daß es bei Operationen immer mal wieder Zwischenfälle gibt, daß der Vollmond daran jedoch völlig unschuldig sei. Wer anderes behaupte erzähle „Unsinn“ und betreibe „unnötige Angstmache.“

 

Das beruhigt, aber wohl nur diejenigen, die eh rational und auch skeptisch an Mondratgeber herangehen, denn schlägt man solche auf, wird regelmäßig vor der Vollmondoperation gewarnt. Es käme, was oben widerlegt wird, gehäuft zu diesem Zeitpunkt zu Komplikationen und vor allem auch danach. Denn die Wundheilung werde durch Vollmond ungünstig beeinflußt. Gleichzeitig heißt es aber vom Vollmond, daß er starke Energien freisetze und diese Mondkonstellation besonders günstig dafür sei, seelische Konflikte zu erkennen und zu lösen.

 

Interessant, daß es zum Thema sogar eine Dissertation aus München gibt, die genau diese Fragen stellt und sie in der Untersuchung beantwortet, die Volksglaube gemeinhin mit der negativen zeitlichen Korrelation von Vollmond und Operation behauptet. Im Jahr 2011 hieß die Fragestellung: „Hat der Mond einen Einfluß auf den Operateur? Eine Untersuchung anhand von Hüft-TEP-Operationen“. Dies durchzulesen ist ausgesprochen interessant und nicht nur kurzweilig, sondern auch kurz, denn den Doktor der Medizin zu machen, ist weit weniger aufwendig, als im geisteswissenschaftlichen Bereich, wofür wir bei dieser Dissertation froh sind, denn so müssen wir sie nicht tagelang studieren, sondern können sie durchlesen. Demnach ist der fehlende negative Einfluß vom Vollmond auf Operationen eindeutig nachgewiesen. Ja, es ist sogar andersherum: bei Vollmond und bei Neumond gibt es signifikant weniger Komplikationen als bei zu- und abnehmendem Mond.

 

Auf Seite 3 heißt es in der Schrift von Alexander Angermann: „Landläufig wird die Meinung vertreten, daß bei Vollmond Selbstmorde, Schlaflosigkeit und Geburten häufiger als in anderen Mondphasen auftreten, und besonders unter Patienten ist die Angst vor Nachblutungen oder anderweitigen Komplikationen bei Vollmond verbreitet. Wodurch eine solche hypothetische Komplikationshäufung letztendlich verursacht sein soll, bleibt offen. In den Mondkalendern und Mondratgebern wird häufig auf ein „Altes Wissen“ bzw. ein „Wissen der Alten“ verwiesen, das größtenteils mündlich tradiert sei und dessen Herkunft zeitlich sehr weit zurück reiche.“

 

Es habe der Mensch sehr früh geäußert, daß der Mond einen direkten Einfluß auf das Empfinden zu haben scheint. Und dann zitiert diese wissenschaftliche Schrift auch unsere beiden Mondkalenderautoren aus dem MOSAIK Verlag: „ Nach Paungger und Poppe [20] sei dieses Wissen, das rein auf Empire beruhe, schon fast vergessen, doch jetzt interessiere man sich wieder dafür.“(Seite 3)

 

Dann berichtet der Verfasser von weiteren Einwänden anderer: „Dabei stellen die Autoren für chirurgische Eingriffe den Grundsatz auf: „Je näher am Vollmond, desto ungünstiger“ [12]. Der Vollmondtag habe die negativsten Auswirkungen. Komplikationen und Infektionen seien an diesem Tag weit häufiger, zudem käme es gegen Vollmond häufiger zu stärkeren, schwer stillbaren Blutungen. Außerdem dauere die Heilungs- und Genesungsphase länger.“ (Seite 2)

 

Das Fazit dieser Dissertation auf Seite 47 heißt dann - mit dem gesamten statistischen Material als Anhang - deutlich: „Aus der durchgeführten retrospektiven Auswertung ergibt sich, daß kein statistisch relevanter Einfluss des Mondes auf den Operateur bzw. auf dessen Operationsergebnis zu erkennen ist. Die durchgeführte Auswertung bestätigt die in der Literatur vorherrschende Ansicht, daß ein signifikanter Einfluss der Mondphasen auf das Operationsergebnis nicht nachweisbar ist. Dieses Ergebnis gilt auch im Hinblick auf die Frage der vorliegenden Arbeit, ob die Mondphase einen signifikanten Einfluß auf den Operateur selbst hat.“

 

Damit wollen wir abschließen und als unsere Meinung hinzufügen, daß, wer als Operateur oder Operierter mit diesen Kenntnissen und auch mit diesen Überzeugungen vom mangelnden Einfluß des Mondes auf die Operation am 17. Dezember – oder sonstige bei Vollmond – solche Operationen durchführt oder operiert wird, schon mit den sich selbsterfüllenden positiven Prophezeiungen gut fahren wird. Wer allerdings auch nach diesen wissenschaftlichen Untersuchungen immer noch Angst vor Operationen bei Vollmond hat, der sollte sie lassen, denn so positiv sich selbsterfüllende Prophezeiungen sein können, so negativ sind sie in jedem Fall, wenn man ein Übel erwartet.