Serie: Vor 150 Jahren wurde Alois Alzheimer in Frankfurt geboren, Teil 1

 

Hubertus von Bramnitz und Sylvia A. Menzdorf

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Natürlich kennt jeder den Begriff Alzheimer. Ist jemand auffallend vergeßlich oder schußelig, sagt mitunter dessen Umgebung: „Du hast wohl Alzheimer.“ Das verharmlost die eigentliche schwergewichtige Krankheit, ist aber in der Regel lieb gemeint.

 

Die Krankheit gehört nämlich zu den dramatischsten degenerativen Erkrankungen. Ihr Entdecker und Namensgeber ist der deutsche Psychiater und Neuropathologe Alois Alzheimer, der vor 150 Jahren geboren wurde und aufs Engste mit Frankfurt verbunden ist.

 

Daß Alois Alzheimer zu den berühmtesten Ärzten weltweit gehören würde, ahnte niemand, als er am 14. Juni 1864 in Marktbreit in Unterfranken als Sohn eines Notars geboren wurde. Und ebenso wenig, dass er in Frankfurt, wo er auch begraben ist, unauslöschliche Spuren hinterlassen würde. Nach Frankfurt kam Alois Alzheimer im Jahr 1888. Als junger Arzt, frisch promoviert, hatte er sich mit Erfolg um die Stelle als Assistent des Psychiaters Heinrich Hoffmann in der von jenem gegründeten Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische beworben, die im seinerzeit noch weitgehend unbebauten Westend auf dem Areal des Affensteiner Feldes lag. Über diesen Teil der Frankfurter Geschichte haben wir in den letzten Jahren immer wieder bei unterschiedlichen Anlässen geschrieben.

 

Der Affenstein. Der normale Frankfurter kennt diese Bezeichnung nicht mehr, weiß aber sofort, was er mit dem IG-Hochhaus oder Campus Westend anfangen soll. Diese weite Fläche zwischen Bremerstraße, Hansaallee, Miquelallee und Fürstenbergerstraße-Grüneburgweg-Grüneburgpark, das war der Affenstein, im 19. Jahrhundert weit draußen vor der Stadt . Dort konnte Heinrich Hoffmann, der Verfasser des Struwwelpeter, der als Frauenarzt anfing und dann auf dem Affenstein die Schloß genannte Irrenanstalt baute und leitete, den Kranken die Luft und das Licht zukommen lassen, deren Entzug ihm die Ursache vieler Krankheiten schien.

 

Dieses hochherrschaftliche Gebäude hatte leider Schwamm, wurde abgerissen, das Gelände verkauft. Es ging später in die Hände der IG Farben über, die sich – ebenfalls ein Schloß, aber eines moderner Art – ihr nationales Verwaltungsgebäude 1928 von Hans Poelzig bauen ließen, diesen eindrucksvollen Querriegel, der durch seine Biegung die Schwere des gewaltigen Komplexes und des Travertinsteins aufhebt. Früh, nämlich noch vor Kriegseintritt, waren die Amerikaner ein Auge darauf, planten es als zukünftiges Headquarter Europa. Und wie von alleine blieb es unversehrt, als die Bomben die Innenstadt von Frankfurt auslöschten.

 

Nach dem Auszug der Amerikaner in den 90ern – Deutschland war nach mehr als 50 Jahren souverän geworden – fiel das Gebäude an das Land Hessen. Obwohl die deutsche Industrie ein Auge darauf geworfen hatte und diesen schönen und repräsentativen Bau gerne übernommen hätte, gab die damalige SPD-Landesregierung das gesamte Gelände in die Hände der Johann Wolfgang Goethe-Universität. So steht es am Eingang des ehemaligen IG-Farbenhauses, das in Frankfurt auch IG-Hochhaus genannt wurde. Die Universität nennt sich im schnellebigen und kurznamigen Ranking nur noch Goethe-Universität und hat nach und nach das gesamte Gelände des alten Affensteins bis hoch zur Miquelallee bebaut.

 

Intensiv beteiligte sich Alzheimer dort an der Entwicklung einer neuen Behandlungsmethode für Geisteskranke, deren grundlegende Idee war, die Kranken möglichst ohne Zwang zu behandeln, insbesondere sie nicht Zwangsfütterungen zu unterziehen und ihnen möglichst keine Zwangsjacken anzulegen. Das war revolutionär für die damalige Zeit. Fortsetzung folgt.

 

 

INFO:

 

Konrad Maurer, Ulrike Maurer; Alzheimer, 2000, Verlag Piper, ISBN-10: 3492232205