IMG 1150 Foto Zoller Die Baden Seiler sind auf dem Dobel zu HauseSo wurde im Mittelalter gearbeitet

Sabine Zoller

Dobel (Weltexpresso) - Ein recht ungewöhnliches Hobby hat ein junges Paar im Schwarzwald im wahrsten Sinne des Wortes „gefesselt“ – und da man dazu Seile benötigt, widmen sich Patrik Westenfelder und Maren Wanner der Herstellung von Seilen.

In einer Welt, die von moderner Technologie geprägt ist, halten die Beiden ein Stück Vergangenheit lebendig, denn sie fertigen Seile in mittelalterlichem Stil. Das wiederum erfreut sich eines wachsenden Interesses von Menschen, die auf Mittelaltermärkten mehr über dieses fast vergessene Handwerk erfahren möchten.

Gekleidet in mittelalterliche Gewänder, zeigen dort Patrik und Maren, wie aus Naturhanf ein Seil entsteht. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Herstellung von Hanfseilen ein handwerklicher Prozess ist, der sowohl Geschicklichkeit als auch Erfahrung erfordert. Die Qualität des Endprodukts hängt von der Sorgfalt ab, mit der jeder Schritt ausgeführt wird.

Hanffasern werden zunächst zu einem Faden gesponnen, der als Grundlage für das Seil dient. „Um das eigentliche Seil herzustellen, werden mehrere Fäden miteinander verdreht. Das kann in verschiedenen Stärken und Richtungen erfolgen, je nach den Anforderungen des gewünschten Seils“, so Westenfelder, der dazu einen eigenen Mechanismus entwickelt hat. Seine „Maschine“ verzwirnt die verdrehten Fäden miteinander, um ein stabiles Seil zu bilden. Dieser Prozess kann mehrmals wiederholt werden, um die gewünschte Stärke und Textur zu erreichen. Nachdem das Seil fertig ist, müssen die Seilenden vor dem Ausfransen geschützt, also verwickelt werden, und mit dem Auftragen von Wachs lässt sich die Haltbarkeit des Seils zu erhöhen.

Für Patrik Westenfelder begann diese Leidenschaft vor rund sieben Jahren, als er der Mittelaltergruppe "Die Freien Badener" in Eschelbronn beitrat. "Es ist so entspannend und erholsam, das Wochenende in der Natur zu verbringen", sagt er über seine Erfahrungen.

Ihre Hobby-Seilerei, die sie liebevoll "Baden-Seiler" nennen, besteht seit zwei Jahren. Die Idee dazu entstand aus ihrer handwerklichen Begeisterung und dem Wunsch, eine fast vergessene Handwerkskunst zu würdigen. Im Mittelalter waren Seile von entscheidender Bedeutung für die Seefahrt und wurden von Bauern und Bauleuten selbst hergestellt. Auch die Seile, die Patrik und Maren herstellen, sind vielseitig einsetzbar und reichen von der Anbindung von Tieren bis hin zur Verwendung in der Seefahrt für Segel und Masten. Die Herstellung erfordert nach wie vor viel Geduld und Geschicklichkeit: Für ein Seil mit etwa 10 Metern Länge und 1 Zentimeter Stärke werden rund 250 Meter Garn benötigt. Je nach Dicke und Länge variiert der Bedarf an Garn. 
Bei Veranstaltungen präsentieren die „Baden Seiler“ nicht nur ihre handgefertigten Seile, sondern auch ihre Mittelaltergruppe "Die Freien Badener". Mit einem Schauzelt und funktionierenden Belagerungswaffen wie Tribok und Baliste zeigen sie anschaulich, wie eine Belagerung im 12. Jahrhundert ablief. Ihr Ziel ist es, Geschichte greifbar zu machen und das Interesse an vergangenen Zeiten zu wecken.
Obwohl sie das mittelalterliche Leben nicht nachempfinden möchten, sind die Beiden stolz darauf, einen Beitrag zur Erhaltung des mittelalterlichen Handwerks zu leisten. Ihre handgemachten Seile sind keine Massenware, sondern einzigartige Unikate, die Interessenten bei Veranstaltungen erwerben können oder auch auf Bestellung erhalten.
 
Foto:
Maren Wanner und Patrik Westenfelder wohnen auf dem Dobel und sind in ihrer Freizeit im mittelalterlichen Gewand als die „Baden-Seiler“ unterwegs
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