IMG 7634Die Stadt an der Leine - Teil 1

Sabine Zoller

Hannover (Weltexpresso) - Als Austragungsort der Weltausstellung Expo 2000 öffnete sich Hannover der Welt und trägt seit 2014 zudem den Titel UNESCO City of Music, was ihre lebendige Kulturszene eindrucksvoll unterstreicht. Doch Hannover ist weit mehr als eine Messe- und Musikstadt. Die niedersächsische Landeshauptstadt zeigt viele Facetten und ist traditionsreich und modern, königlich und bodenständig, grün und urban zugleich.

IMG 7672Enge Bindung zu Großbritannien
Ein Blick in die Geschichte offenbart die enge Verbindung Hannovers zum Königreich England: Über vier Generationen standen die Könige von Großbritannien zugleich an der Spitze Hannovers durch eine sogenannte Personalunion. Noch heute spiegeln prächtige Bauwerke und historische Zeugnisse diese besondere Ära wider und erzählen von einer Zeit, in der Hannover und England durch einen König verbunden waren, ohne ihre eigenen Wege aufzugeben. Dieses Kapitel prägt das Stadtbild und das Selbstverständnis Hannovers bis heute sowohl architektonisch, kulturell als auch politisch.Von prächtigen Schlössern bis zu liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern zeigt die Stadt trotz schwerer Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg eine beeindruckende Vielfalt architektonischer Meisterwerke. Das Neue Rathaus ist nicht nur Wahrzeichen Hannovers, sondern zählt auch zu den begehrtesten Fotomotiven der Stadt. Mit dem weltweit einzigartigen Bogenaufzug erreicht man die 97,73 Meter hohe Kuppel und genießt von dort einen atemberaubenden Rundblick über Hannover.

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Stadt der kurzen Wege und Gärten

Hannover ist mit über 200 Quadratkilometern eine Großstadt, die dennoch überschaubar wirkt. Vieles lässt sich bequem zu Fuß entdecken, und dank des gut ausgebauten ÖPNV-Systems gelangt man schnell in jede Ecke. Besonders auffällig ist die Fülle an Parks und Gärten, die seit über 700 Jahren das Stadtbild prägen. Historische Friedhöfe wie der St.-Nikolai-Friedhof von 1325, romantische Landschaftsgärten und moderne Anlagen schaffen eine grüne Vielfalt, die Hannover den Beinamen „Stadt der Gärten“ einbrachte. Insgesamt 21 Gärten laden zum Schlendern, Staunen und Verweilen ein.


350 Jahre Herrenhäuser Gärten – ein barockes Juwel

2025 feiern die Herrenhäuser Gärten ihr 350-jähriges Bestehen. Im Zentrum steht der Große Garten, Herzstück der Anlage und einer der bedeutendsten Barockgärten Europas. Auf 50 Hektar entfaltet sich ein harmonisches Zusammenspiel aus streng geometrischen Alleen, kunstvollen Wasserspielen, filigranen Skulpturen und einer mächtigen Fontäne, deren Wasserstrahl bis zu 70 Meter in den Himmel ragt.

IMG 7295Gegründet wurde der Garten 1675 in der Sommerresidenz der Welfen von Herzog Johann Friedrich (1625–1679). Doch es war seine Frau Sophie (1630–1714), die als Kurfürstin das Areal zu einem barocken Gesamtkunstwerk nach französischem Vorbild gestaltete. Unter ihrer Regie entstand ein Ort voller Pracht und Eleganz: Maskenbälle, prunkvolle Feste und musikalische Darbietungen verwandelten das Anwesen in ein funkelndes Spektakel. Bei besonderen Anlässen waren rund 2.000 Gäste anwesend, und die Anlage wurde mit tausenden Lichtern illuminiert. Bei einem Ball im Jahr 1740 erhellten etwa 3.000 Lampen und Lampions die Blumenbeete, Hecken und Alleen.

Doch neben Schönheit verband die Kurfürstin den Garten auch mit praktischen Aspekten: Ein eigens angelegter Nutzgarten, der bis heute erhalten ist, versorgte den Hof mit Obst, Gemüse und Wein. Trotz politischer Veränderungen, Kriege und Zerstörungen blieb die Grundstruktur des Gartens erhalten, und bis heute begeistert das Lebenswerk der Kurfürstin Besucher aus aller Welt. Mittlerweile sind die Herrenhäuser Gärten nicht nur ein lebendiges Erlebnis barocker Gartenkunst, sondern auch Museum und Tagungszentrum. Ein besonderer Höhepunkt ist der jährlich stattfindende Internationale Feuerwerkswettbewerb, der zehntausende Besucher anlockt und die historische Kulisse unter dem funkelnden Himmel Hannovers in ein spektakuläres Ereignis verwandelt.


Kunst, Kultur und Magie

IMG 7407Ein faszinierendes Kleinod im Großen Garten ist die Grotte, die ursprünglich im 18. Jahrhundert mit Muscheln, Kristallen, Glas und Mineralien verziert wurde und im Sommer als kühler Rückzugsort diente. Im Laufe der Zeit gingen diese Verzierungen verloren, bis die französisch-schweizerische Künstlerin Niki de Saint Phalle die Grotte 2002 in ein funkelndes Gesamtkunstwerk aus Glas, Spiegeln und Kieselstücken verwandelte. Das magisches Kunstwerk voller Farbe, Licht und Sinnlichkeit, gilt heute als Symbol für Hannovers Offenheit und Kreativität und ist ein weiterer Grund die Stadt an der Leine zu besuchen. Die Arbeiten von Niki de Saint Phalle sind in diesem Jahr nicht nur in den Herrenhäuser Gärten und am Leineufer zu sehen, sondern auch im Sprengel Museum Hannover, einem der bedeutendsten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst in Deutschland.
 
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Sprengel Museum

Das 1979 eröffnete Museum beherbergt eine der größten Sammlungen der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, darunter Werke von Künstlerinnen und Künstlern wie Pablo Picasso, Kurt Schwitters und Niki de Saint Phalle, die vor 25 Jahren über 400 Arbeiten dem Museum als Schenkung überlassen hat. Anlässlich dieses Jubiläums zeigt das Museum bis zum 14. Januar 2026 die Ausstellung „Niki. Kusama. Murakami. Love You for Infinity“. Auf 2.000 Quadratmetern entfalten rund 120 Exponate aus Malerei, Skulptur, Installation, Grafik und Film in zwölf thematisch gestalteten, farbenfroh inszenierten Räumen ihre volle Wirkung.


Eine Stadt der Superlative

Hannover präsentiert sich als weltoffenes, modernes Zentrum mit reichem kulturellem Erbe, einer lebendigen Musikszene und einer Gartenkultur, die ihresgleichen sucht. Wer im Herbst reist, erlebt nicht nur die Farbenpracht der Natur, sondern kann auch die rund 15 größeren und kleineren Seen und Teiche der Stadt erkunden. Hinzu kommen vielfältige kulturelle Angebote: Museen, Theater, das Schauspielhaus oder Varieté-Abende laden dazu ein, Hannover voller Geschichte, Kultur und faszinierender Eindrücke zu entdecken.

Foto: Impressionen aus Hannover © Sabine Zoller