Die Goethe-Universität würdigt den deutsch-jüdischen Philosophen mit einem internationalen Kongress

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Dem Urteil des Frankfurter Philosophen Axel Honneth zufolge nimmt Franz Rosenzweig in der Geschichte des jüdisch-philosophischen Denkens im 20. Jahrhundert – neben Martin Buber, Gershom Scholem und Emmanuel Levinas – einen zentralen, „wenn nicht sogar den allerersten Platz ein“.

 

Aufgrund seiner politisch-philosophischen Reflexionen, seiner inspirierenden bildungstheoretischen Überlegungen und seiner Perspektiven für das Gespräch zwischen Judentum und Christentum habe Rosenzweigs Denken auch für die Gegenwart nichts von seiner Aktualität verloren.

 

Im Auftrag der Internationalen Rosenzweig-Gesellschaft veranstaltet Prof. Dr. Christian Wiese, Inhaber der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität, vom 26. bis 29. Oktober einen hochkarätigen Kongress zum Thema „Nach dem ‚Stern der Erlösung‘: Franz Rosenzweig in Frankfurt. Bildung – Sprachdenken – Übersetzung“. Mehr als 80 Forscherinnen und Forscher aus Europa, Israel, den USA und Südamerika werden u.a. über die Aktualität des Denkens des Philosophen für gegenwärtige Diskurse über das „Lernen“ in unterschiedlich geprägten religiösen und säkularen Kontexten diskutieren. Dabei geht es um das Lernen an den Universitäten oder in anderen, außerakademischen Bildungskontexten, sowie über die gesellschaftliche und politische Bedeutung religiösen und kulturellen Wissens in multikulturellen Gesellschaften.

 

Dass der Kongress, der 2009 in Paris und 2012 in Toronto zu Gast war, 2014 – im Jahr des 100-jährigen Jubiläums der Gründung der Goethe-Universität – auf dem Campus Westend in Frankfurt stattfindet, ist kein Zufall: Als deutsch-jüdischer Gelehrter, dem 1923 an der neu entstandenen Universität ein Lehrauftrag für jüdische Religion und Ethik angeboten wurde, ist Franz Rosenzweig, auch wenn er ihn wegen einer fortschreitenden Krankheit nicht wahrnehmen konnte, eng mit der Frankfurter Universitätsgeschichte verbunden.

 

Zugleich gehört sein Wirken bis zu seinem frühen Tod im Jahre 1929 in die reiche Geschichte jüdischer Kultur im Frankfurt der Weimarer Zeit. Die Gründung des Freien Jüdischen Lehrhauses, das zwischen 1920 und 1938 für die Frankfurter jüdische Kultur von großer Bedeutung war, hing eng mit Rosenzweigs Bildungsverständnis und Praxis des Lernens zusammen: Sie zielten auf die Vermittlung jüdischen Wissens mit Hilfe einer „lebensverbundenen und lebensbestimmenden jüdischen Wissenschaft“ und auf die Stärkung der Identität der jüdischen Gemeinschaft angesichts der religiösen und kulturellen Krisen nach dem Ersten Weltkrieg. In die Frankfurter Zeit Rosenzweigs fällt auch der Beginn der berühmten „Verdeutschung“ der Hebräischen Bibel, die erst 1961 in Jerusalem durch Martin Buber vollendet werden konnte.

 

Eingebettet in das Kongressprogramm auf dem Campus Westend der Goethe-Universität wird es drei Abendvorträge geben: Zum Auftakt des Kongresses spricht Prof. Dr. Micha Brumlik am Sonntag (26. Oktober) in der Evangelischen Akademie Frankfurt über „Franz Rosenzweig als Interpret von Hegels politischer Philosophie“. Der Vortrag von Prof. Dr. Elliot R. Wolfson (Santa Barbara) am Montag (27. Oktober) im Jüdischen Museum widmet sich dem Denken Franz Rosenzweigs, Walter Benjamins und Martin Heideggers. Im Rahmen einer Kulturveranstaltung am Dienstag (28. Oktober) im Haus am Dom referiert Prof. Dr. Christian Wiese (Frankfurt) über „Martin Buber, Franz Rosenzweig und die ‚Verdeutschung‘ der Schrift, musikalisch begleitet durch das Roman Kuperschmidt-Ensemble und mit Lesungen durch die Frankfurter Schauspielerin Verena Bukal.

 

Unterstützt wird dieser Kongress u. a. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung, dem Zentralrat der Juden in Deutschland, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck Instituts, der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität und der Stiftung zur Förderung Internationaler Beziehungen der Goethe-Universität.

 

 

INFO:

 

Informationen: Prof. Dr. Christian Wiese, Martin Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie, Fachbereich Evangelische Theologie, Campus Westend, Tel. (069) 798-33313/33342, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Dr. Stefan Vogt, Tel. (069) 798-32032, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; das Programm im Detail: http://www.uni-frankfurt.de/50298052/rosenzweig

 

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften. Mehr Informationen unter www2.uni-frankfurt.de/gu100

 

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