Serie: Neuer Streit um das Fritz-Bauer-Institut (FBI), Teil 4

 

Constanze Weinberg

 

München (Weltexpresso) - Vor einiger Zeit erschien an dieser Stelle die Rezension eines Buches, in dem Ronen Steinke nach Auffassung des Journalisten Kurt Nelhiebel ein „Zerrbild“ von Fritz Bauer zeichnet.

 

Über dieses Buch heißt es in dem hier bereits mehrfach erwähnten „Tagesspiegel“-Artikel von Kurt Nelhiebel, das Fritz-Bauer-Institut habe dieses Buch ungeachtet seines Inhalts gefördert. Einen Tag nach dem Erscheinen des Artikels befragte das Deutschlandradio Kultur dazu den Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, Raphael Gross. Der behauptete, das Institut habe die Arbeit von Herrn Steinke „überhaupt nie unterstützt“.

 

Ein Blick in das umstrittene Buch besagt allerdings etwas ganz anderes. Dort schreibt Ronen Steinke nämlich: „Mein Dank gilt dem Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main, das mir den Status eines Gastwissenschaftlers mit allen dazugehörigen fachlichen und technischen Hilfestellungen freundschaftlich gewährt hat. Allen voran Werner Renz, sachkundig und zu meinem Glück auch großzügig wie wenige.“ Auch Raphael Gross wird in der Danksagung namentlich genannt. Das ist mehr als peinlich.

 

Auch sonst zeigte sich der Direktor des Fritz-Bauer-Instituts nicht ganz auf der Höhe. Er sei überrascht gewesen, meinte er, dass eine Zeitung wie der „Tagespiegel“ verbreite, „wir hätten die Arbeit von Frau Wojak nicht gefördert“. Gemeint war die Fritz-Bauer-Biografie der Historikerin Irmtrud Wojak. In dem Artikel ist mit keinem Wort die Rede davon, das Fritz-Bauer-Institut habe die Arbeit von Frau Wojak nicht gefördert. Das heißt, um den Verfasser des Artikels ins Unrecht zu setzen, erfindet Gross eine Unwahrheit. Was den im „Tagesspiegel“ erwähnten Stimmungswandel gegenüber Fritz Bauer nach dem Regierungswechsel in Hessen hin zur CDU betrifft, so spricht Gross von „reinen Verschwörungsfantasien obwohl es natürlich möglich sein könnte“. Hält sich Gross da ein Hintertürchen offen?

 

In einem Brief an den Direktor des Fritz-Bauer-Instituts erinnert Kurt Nelhiebel daran, dass dieser sich ihm gegenüber vor nicht allzu langer Zeit noch ganz anderes geäußert habe. Damals hatte Gross geäußert, Kurt Nelhiebel habe zu Recht moniert, dass das Fritz-Bauer-Institut im Katalog und in der Ausstellung über Fritz Bauer den Kontext zu dem erzwungenen Treugelöbnis Bauers gegenüber der Naziführung nicht genügend darstelle. Der Institutsdirektor versprach: „Das werden wir bei jeder weiteren Auflage nun versuchen. Auch werden wir in der Ausstellung den Kontext deutlicher herausstellen. Ich möchte mich auch noch einmal ausdrücklich für Ihr Engagement bedanken.“ Nichts von den Versprechungen ist nach der Aussage von Kurt Nelhiebel umgesetzt worden. „Ich hätte mir gewünscht“, schreibt er in dem Brief an Gross, „dass Sie endlich auf meine Kritik an Werner Renz eingehen, statt sich, obendrein nach unter völlig falschen Annahmen, mit Nebensächlichkeiten zu befassen wie der Frage, welche Veröffentlichungen das Fritz Bauer-Institut unterstützt hat und welche nicht.“

 

Kurt Nelhiebel hat viele zustimmende Briefe zu seinem Artikel im „Tagesspiegel“ bekommen. Eine Mitbegründerin des Fritz-Bauer-Instituts schrieb ihm: „Heute möchte ich Ihnen danken, für ihren guten Artikel im Tagesspiegel. Ich habe einen Großteil der Auseinandersetzungen um Fritz Bauer in den vergangenen Jahren ziemlich hautnah mitbekommen. Die leichte Beklommenheit, die sich angesichts zumindest eines Teils der handelnden Personen schon damals bei mir einstellte, als das Institut, an dessen – durchaus auch kontroverser – Gründung ich beteiligt war, fortan seinen Namen tragen sollte, hat sich jedenfalls in Teilen leider als richtig erwiesen. Trotzdem leistet das Fritz Bauer Institut, mit dem ich seit Jahren zusammenarbeite, auch sehr gute aufklärerische Arbeit, ganz im Sinne des Namensgebers. Ich bin freilich befangen, denn ich habe Fritz Bauer als Kind kennen und schätzen gelernt. Daher will ich mich öffentlich nicht einmischen und setze zuversichtlich darauf, dass sich eine wissenschaftlich saubere und menschlich anständige Rezeption Fritz Bauer á la longue durchsetzen wird.“

 

Das wird wohl so sein.

 

 

INFO:

 

Damit Sie den Artikel original lesen können, hier der Link zum Tagesspiegel:

http://www.tagesspiegel.de/kultur/deutungskampf-um-das-werk-fritz-bauers-die-nestbeschuetzer/11087028.html.

Damit Sie das angesprochene Gespräch im Deutschlandfunk mit Raphael Gross hören können, hier der Link

http://www.deutschlandfunk.de/vorwuerfe-gegen-fritz-bauer-institut-im-bereich-der-reinen.691.de.html?dram:article_id=305739

 

Die Serie von Kurt Nelhiebel: „Hände weg von Fritz Bauer“ in Weltexpresso

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/3363-haende-weg-von-fritz-bauer-teil-1

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/3371-haende-weg-von-fritz-bauer-teil-2

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/3373-haende-weg-von-fritz-bauer-teil-3

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/lust-und-leben/3382-haende-weg-von-fritz-bauer-teil-4

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/lust-und-leben/3383-haende-weg-von-fritz-bauer-teil-5