Tanz-Gala im Kasseler Opernhaus am 2. April (Gründonnerstag) ab 19.30 Uhr

 

Hanswerner Kruse

 

Kassel (Weltexpresso) "Der Vorhang fiel / aber die Vorstellung war noch nicht zu Ende", heißt es in einem Aphorismus des Lyrikers Thorwald Proll. Was machen eigentlich Tänzerinnen und Tänzer, die mit 30, spätestens 35 Jahren nach gängiger Auffassung alt und verbraucht sind, wenn der Vorhang fällt?

 

Die Choreografin Pina Bausch behielt in der gut vierzigjährigen Geschichte ihres Wuppertaler Tanztheaters nicht nur ihre alten Tänzer oder Tänzerinnen im Ensemble. Für Neueinstudierungen früher Stücke versuchte sie immer, ehemalige Mitglieder ihrer Compagnie zu gewinnen. Mit Laientänzern, „Damen und Herren über 65“ - so der Titel des Stücks – re-inszenierte sie ihren legendären „Kontakthof“. Das bekannte Nederland Dans Theater hat auch ein Ensemble mit Tanzenden über 40 Jahre. Neulich präsentierte in Berlin die sechzigjährige Riki van Falken ein beeindruckendes einstündiges Solo.

 

Die Tanzästhetik hat sich verändert - Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft sind im Zeitgenössischen Tanz nicht mehr das einzige Ausdrucksmittel. Wenn es um Expression geht, können alte Körper sogar eine intensivere Sprache sprechen als die Leiber der jungen Hüpfer.

 

Dennoch dominieren „Barbie“ und „Ken“ immer noch mit ihrer, vom klassischen Ballett geprägten jugendlichen Schönheit die Bühnen. Wir sind in Europa und den USA weit entfernt von der japanischen Auffassung, in der die Tanzenden erst mit 50 Jahren ihre Blüte erreichen. Dort ist der Prozess des Alterns traditionell ein wesentlicher Bestandteil der Tanzästhetik.

 

Daher überrascht es nicht, wenn ausgemusterte Tänzer berichten, „Ich bin in ein tiefes Loch gefallen.“ Wenn sie Glück haben, können sie eine Funktion im Theater übernehmen oder als Pädagogen und Trainer umschulen. Vor einigen Jahren wurde deshalb eine Stiftung gegründet, die Tanzprofis in der Übergangsphase – in der „Transition“ – nach der Bühnenkarriere mental und finanziell unterstützt. Für die Stiftung werden alljährlich Benefiz-Veranstaltungen durchgeführt, in diesem Jahr in Kassel mit Compagnien aus Darmstadt / Wiesbaden, Mannheim, Essen, Chemnitz und anderen Städten.

 

Präsentiert wird dort die stilistische Bandbreite vom klassischen Ballett über Neoklassik und Zeitgenössischen Tanz bis hin zum Tanztheater.

 

FOTO: Aus „Science! Fiction! Now!“ © N. Klinger Staatstheater Kassel

Mit dreißig unbrauchbar für den zeitgenössischen Tanz und ab in die Grube?

 

INFO: Tanz-Gala im Kasseler Opernhaus am 2. April (Gründonnerstag) ab 19.30

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