2024 Koziol BestecksetNegativpreis „Plagiarius“ rückt Ausmaß, Schäden und Hintergründe in den öffentlichen Fokus, Teil 1

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Als Auftakt der AMBIENTE, die seit dem Mittelalter lange Frühjahrsmesse genannt wurde, hat die Verleihung der Negativpreise "Plagiarius" einen besonderen Stellenwert. Mit diesem Preis werden eigentlich die an den Pranger gestellt, die die Ideen anderer klauen und Gegenstände, die von anderen gefertigt wurden, einfach nachbauen, nachmachen. Aber, weil sie das heimlich machen, erscheinen sie auch nicht auf der Messe und man kann ihnen den Negativpreis nicht überreichen. Was man aber kann, ist denjenigen, von denen abgekupfert wurde, deren Ideen geklaut wurden, diesen Preis öffentich zu überreichen, denn die haben natürlich Interesse daran, daß den Verbrauchern die Fälschungen bekannt werden. Immer sind dann die Materialien nicht hochwertig, was der Verbraucher wiederum oft den Originalfirmen übel nimmt, weil er nicht weiß, daß er Fälschungen gekauft hat.

Produkt- und Markenpiraterie ist ein lukratives Milliardengeschäft, auch für die organisierte Kriminalität.

Designplagiate, Billig-Fälschungen, Dupes und Replica überfluten Websites, eCommerce- und Social Media Plattformen – die Zahlen sind erdrückend und besorgniserregend. Die Schäden, die gefälschte Produkte bei Käufern, innovativen Herstellern, dem autorisierten Handel und nicht zuletzt der Umwelt verursachen, sind immens. Wer bewusst Fälschungen kauft oder Dritte durch aggressive Werbung oder Verharmlosung zum Kauf animiert, unterstützt die verheerenden Herstellungsbedingungen und die sozioökonomischen Folgen. Das gleiche gilt für alle Plattformbetreiber, die den Verkauf von Fälschungen weder aktiv noch vorbeugend unterbinden. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die strengen Regeln, die im stationären Handel gelten, gelten auch in der digitalen Welt – sie müssen dort nur viel konsequenter durchgesetzt werden – insbesondere auch gegen Anbieter aus Drittländern.


Plagiarius: Gegen dreisten Innovationsklau - Für kreative Vielfalt und fairen Wettbewerb

Die Aktion Plagiarius hat am 26. Januar 2024 zum 48. Mal ihren gefürchteten Negativpreis „Plagiarius“ an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen vergeben. Die Verleihung fand im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ statt. Bevor die jährlich wechselnde Jury die Preisträger wählt, werden die vermeintlichen Plagiatoren über ihre Nominierung informiert und erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Auszeichnung mit dem Negativpreis sagt nichts darüber aus, ob ein nachgemachtes Produkt im juristischen Sinne erlaubt oder rechtswidrig ist. Die Aktion Plagiarius kann kein Recht sprechen. Sie darf aber die Meinung äußern, dass plumpe 1:1 Nachahmungen, die dem Originalprodukt bewusst täuschend ähnlich sehen, rücksichtslos und moralisch verwerflich sind und zu Stillstand statt Fortschritt und Vielfalt führen. Unter den Preisträgern sind erstmals auch namhafte Plattformbetreiber, die zwar nach Hinweis durch die Rechteinhaber, nicht aber proaktiv und vorbeugend gegen rechtsverletzende Nachahmungen vorgehen.


Bewusstsein schaffen / vor Risiken warnen / Zum Umdenken und bewusstem Konsum anregen

Ziel der Aktion Plagiarius ist es, die skrupellosen Geschäftsmethoden von Fälschern ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, und Industrie, Politik und Verbraucher praxisnah für die Problematik zu sensibilisieren. Anhand der Plagiatsfälle betroffener Firmen beleuchtet der Verein Ausmaß, Schäden und Hintergründe sowie die unterschiedlichsten Facetten und Erscheinungsformen von Produkt- und Markenpiraterie. Trophäe des Schmähpreises ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase. Letztere symbolisiert die immensen Profite, die ideenlose Nachahmer sprichwörtlich auf Kosten von Kreativwirtschaft und Industrie erzielen.


Abwärtsspirale: Produkt- und Markenpiraterie schwächt legalen Handel und Innovationskraft

Allein im Jahr 2022 wurden laut der Europäischen Kommission und dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) an den EU-Außengrenzen und im EU-Binnenmarkt rund 86 Millionen gefälschte Waren mit einem geschätzten Wert von über 2 Milliarden Euro beschlagnahmt. Und das sind nur die nachweislichen Aufgriffe von Zoll- und Polizeibehörden, also die Spitze des Eisbergs. Den internationalen Handel mit Fälschungen bezifferten EUIPO und OECD für 2019 auf alarmierende 412 Milliarden Euro, was 2,5% des Welthandels entspricht.

Mit viel krimineller Energie und unter ethisch fragwürdigen Bedingungen lassen internationale Fälscher(banden) ihre teils gefährlich minderwertigen Nachahmungen herstellen, und das ohne Rücksicht auf Menschenrechte oder Sicherheits- und Umweltstandards. Plagiate und Fälschungen schwächen die Investitions- und Innovationskraft von forschenden Unternehmen, sie vernichten Arbeitsplätze und bremsen das Wirtschaftswachstum. Um den legalen Handel zu stärken und Geldwäsche zu verhindern, muss der Gesetzgeber dafür sorgen, dass die Strukturen von global-agierenden Fälscherringen zerschlagen und den Verantwortlichen die illegalen Gewinne entzogen werden.


Innovationen entstehen nicht durch „Copy-Paste“ – Verdiente Wertschätzung für Kreativleistungen

Von einer ersten Idee bis zum marktreifen Endprodukt ist es ein anspruchsvoller Prozess, bei dem die Entwickler bzw. Markeninhaber regelmäßig finanziell in Vorleistung gehen. In jedem Originalprodukt stecken neben Kreativität, technischem Know-how und Erfahrung auch viel Mut und Herzblut – und hohe Investitionskosten. Dieses unternehmerische Risiko muss sich lohnen, damit Firmen auch zukünftig neuartige Produkte entwickeln und so Fortschritt, Arbeitsplätze, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sichern können. Der Schutz von kreativen Ideen und Know-how vor Nachahmung ist daher elementar.

Denn: Nachahmer kopieren ungenierter denn je bereits erfolgreich am Markt etablierte Produkte. Erhältlich sind die rechtsverletzenden Waren in allen Preis- und Qualitätsabstufungen: Von gefährlichen Billigfälschungen bis zu qualitativ hochwertigen, dann aber auch hochpreisigen, Plagiaten. In den meisten Fällen gilt nach wie vor, dass gleiches Aussehen nicht automatisch die gleiche Qualität, Leistungsfähigkeit und vor allem Sicherheit bedeutet. Viele Nachahmungen sind aus billigen Materialien gefertigt, schlecht verarbeitet und haben keinerlei Qualitäts- oder Sicherheitskontrolle durchlaufen. Das zeigt sich dann u.a. in kurzer Lebensdauer, gefährlicher Elektronik, mangelhafter Funktionalität oder sehr hohen Schadstoffbelastungen. Ein „stechender Chemiegeruch“ wird häufig von enttäuschten Käufern genannt und ist ein typisches Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal. Eine Rücksendung ist bei vielen Anbietern teuer oder nicht möglich.


Die Kluft zwischen Anspruch und tatsächlichem Handeln

In aktuellen Studien des EUIPO geben die meisten Konsumenten zwar an, dass sie das Konzept des geistigen Eigentums verstanden haben und sich der Herkunft von Fälschungen sowie der Risiken für Gesundheit, Sicherheit und die Umwelt bewusst sind. Gleichzeitig hält ein Drittel der Befragten es für akzeptabel, gefälschte Waren zu kaufen, wenn der Preis des echten Produkts zu hoch ist. Bei jungen Menschen trifft dies sogar auf die Hälfte zu. Und 26% der 15- bis 24-Jährigen gab an in den letzten 12 Monaten wissentlich gefälschte Waren gekauft zu haben. Scheinheilig wird der Kauf von illegalen Produkten gerechtfertigt. Dabei gibt es in der globalisierten Welt für jedes Budget legale, attraktive Alternativen. Ohnehin kann ein billiges Fake nicht ansatzweise die Wertigkeit und das Markenerlebnis des Originals kopieren. Und trotzdem: Ist die verlockende Markenfälschung zum Schnäppchenpreis nur einen Mausklick entfernt, werden die sonst laut proklamierten Ansprüche der Generation Z an Authentizität und Nachhaltigkeit vorübergehend über Bord geworfen.


Gar nicht vorbildlich: Dupe Influencer werben entgeltlich für illegale Fakes

Verstärkt wird dieses Verhalten noch durch sogenannte „Dupe Influencer“, die ihren leichtgläubigen und leicht beinflussbaren Followern ohne Skrupel in Videos auf Instagram, YouTube oder TikTok gefälschte Designer- und Luxusprodukte empfehlen. Sie verharmlosen den Kauf und den Verkauf rechtsverletzender Artikel und steigern die soziale Akzeptanz für illegale Produkte. Gleichzeitig fördern sie nicht nur eine bedenkliche Kultur des „mehr Schein als Sein“, sondern auch eine Kultur der Respektlosigkeit gegenüber Marken und den hinter Qualitätsprodukten stehenden Entwicklungsleistungen.


Online-Giganten aus Drittländern überfluten europäischen Markt mit Billigartikeln und Fakes

Dank hoher Nachfrage und Akzeptanz erobern chinesische Online-Plattformen wie Temu, Shein, DHgate und AliExpress mit ihren Billigartikeln die Weltmärkte - darunter zahlreiche rechtsverletzende Nachahmungen oder Produkte, die die Produktsicherheitsbestimmungen der EU nicht erfüllen. Die Hersteller oder Händler, meist aus China, verkaufen oft direkt an die Endkunden. Letztere werden so zum Importeur und müssen für Schäden Dritter haften. Die Billigwaren werden aggressiv auf allen sozialen Medien beworben; junge Schnäppchenjäger werden mit Schleuderpreisen und Glücksrad zum regelmäßigen Kauf verführt. Über die Verkäufer findet man kaum Informationen. Geliefert werden die Waren oftmals ohne das für viele Produkte vorgeschriebene CE-Zeichen und ohne deutschsprachige Bedienungsanleitung. Ein Rückversand im Reklamationsfall wird häufig ausgeschlossen oder ist teurer als das Billigprodukt. (Haftungs-) Freie Fahrt für Anbieter aus Drittländern zulasten des europäischen stationären Handels und seriöser Online-Anbieter. Die teils minderwertigen Produkte werden quer über den Globus transportiert und landen schnell im europäischen Müll. Nachhaltiger, minimalistischer Konsum ist das nicht. Die EU ist gefordert für strengere Regulierung und faire Bedingungen für alle zu sorgen.


Industrie fordert von eCommerce-Plattform-Betreibern proaktives Vorgehen gegen Fälschungen

Die Plattformbetreiber haben zwar ihre Anstrengungen im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie intensiviert und bieten Inhabern gewerblicher Schutzrechte u.a. Programme zum Melden von rechtsverletzenden Angeboten. Dennoch berichten Unternehmen unterschiedlichster Branchen immer wieder von Plagiaten oder gar Fälschungen ihrer Produkte. Fakt ist: Die Plattformbetreiber verdienen an jedem verkauften Produkt, gleich ob Original oder Fake. Und sie entziehen sich meist jeglicher Verantwortung mit dem Hinweis, dass „ihre Geschäftstätigkeit sich auf die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur beschränke“. Gerade technisch wäre es mit KI aber machbar, einschlägige Hashtags zu blockieren, eindeutig rechtsverletzende Angebote proaktiv aufzuspüren und gar nicht erst zuzulassen, und wiederholt rechtswidrige Angebote direkt beim Upload zu sperren oder zu löschen. Hinzu kommt: Nach wie vor tragen zahlreiche Verkäufer aus Drittländern nicht identifizierbare bzw. adressbierbare 1-Wort-Aneinanderreihungen von Buchstaben als Adressen ein. Weder Rechteinhaber noch Käufer haben eine Möglichkeit diese Verkäufer zu kontaktieren. Die Einhaltung der eigenen AGB wird anscheinend nur nachlässig überprüft – die Nichteinhaltung hat offensichtlich keinerlei negative Konsequenzen. Die Industrie fordert, dass Plattform-Betreiber hier stärker in Verantwortung genommen werden müssen. Positiv: Vor Kurzem haben EU-Parlament und EU-Rat sich auf eine neue Produkthaftungsrichtlinie geeinigt. Nach deren Inkrafttreten müssen Händler aus Drittländern immer ein in der EU ansässiges Unternehmen angeben, das für deren verkaufte Produkte haftbar gemacht werden kann.

Auch die diesjährige Laudatorin, Heidi Kneller-Gronen, Rechtsanwältin und Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) fordert von der Politik: "Um die Wettbewerbsgleichheit wiederherzustellen und die Flut der Fälschungen und gefährlichen Produkte einzudämmen, müssen die Pakete aus den Drittländern besser kontrolliert werden. Es ist dringend erforderlich, dass die Politik aktiv wird und die Behörden mit den notwendigen Ressourcen ausstattet, um eine effektive Durchsetzung der Rechte zu gewährleisten. Unkontrollierte Waren dürfen - auch zum Schutz der Verbraucher - möglichst gar nicht erst in den Markt gelangen."


Strengere Regularien, härtere Strafen und Aufklärungskampagnen

Um das Problem der Produkt- und Markenpiraterie erfolgreich zu bekämpfen, muss sowohl das Angebot als auch die Nachfrage eingedämmt werden. Dazu braucht es u.a.: (1) Die Anordnung und Durchsetzung härterer, abschreckender Strafen für die Herstellung und den Handel mit Fälschungen, (2) das Verhindern von Geldwäsche, (3) strengere Regularien für Onlinehändler und die konsequente Durchsetzung insbesondere gegen Teilnehmer aus Drittländern (4) proaktives Vorgehen der eCommerce- und Social Media Plattformen gegen rechtswidrige Fälschungen und unsichere Produkte – (5) und mehr Aufklärungskampagnen.

Angesichts der Zunahme digitaler Markenverletzungen müssen Unternehmen zusätzlich zur Anmeldung gewerblicher Schutzrechte auch digitale Schutzstrategien entwickeln. Dazu gehören u.a. ein gut durchdachtes Domain-Portfolio, KI-gestütztes Online-Monitoring zum Aufspüren und Beseitigen rechtsverletzender Angebote sowie der Einsatz von Prüfsiegeln für autorisierte Online-Händler.

Märkte regeln sich über Angebot und Nachfrage. Es liegt in der Macht und in der Verantwortung jedes Verbrauchers, sich bewusst für sichere, legale Produkte von serösen Herstellern und Händlern zu entscheiden - und so Fälschern ihre Geschäftsgrundlage zu entziehen. Weil es nicht egal ist, ob die Marke nur drauf oder auch drin ist. Und weil Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz jedermann angeht.


Plagiarius-Preisträger 2024 ab 2. Februar im Museum Plagiarius, und bei externen Ausstellungen

Das Museum Plagiarius in Solingen zeigt in seiner einzigartigen Ausstellung mehr als 350 Plagiarius-Preisträger der unterschiedlichsten Branchen - jeweils Originalprodukt und Plagiat im direkten Vergleich. In Führungen werden Fakten und Hintergründe vermittelt. Exponate können zudem bei der Aktion Plagiarius für individuelle externe Ausstellungen gebucht werden – ebenso wie Vorträge für unterschiedlichste Zielgruppen.


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„Ich hab ‘ne tolle Idee, und jetzt? Ideen erfolgreich umsetzen, vermarkten und schützen“
Produktentwicklung von der ersten Idee bis zur Marktreife ist komplex. Projektmanagement erst recht.
Gemeinsam mit der Anwaltskanzlei Maiwald GmbH in München unterstützen wir Gründer:innen dabei gut informiert und mit Mut, Ausdauer und den richtigen Partner:innen an der Seite einen erfolgreichen Weg einzuschlagen. Interessiert? Mehr unter www.plagiarius.com oder email an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

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Quelle: Plagiarius