66. IAA vom 17. bis 27. September auf dem Frankfurter Messegelände, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir haben uns die von Präsident Wissmann offerierten digital aufgerüsteten Autos dann in der Praxis der IAA angeschaut. Hilf Himmel. Schon bisher fanden wir in den derzeitigen Autos einfach zu viel Elektronik, was immer dann auffällt, wenn etwas ausfällt.

 

Wer je erlebt hat, daß das mechanisch einwandfreie Umdrehen eines Zündschlüssels oder das Dings, das ihn ersetzt, daß dann nichts passiert, wird wissen, wovon wir reden. Irgendeine Befindlichkeit des für die Fahrerin undeutlichen technischen Hintergrundes mochte nicht, mochte wohl die Fahrerin nicht, denn als der Notdienst der Automarke kam, ging das defekte Teilchen wieder. Wie von selbst.

 

Wir wollen nichts „von selbst“ im Auto haben. Wir wollen selber lenken, wir sind sogar so altmodisch oder supermodern, daß wir gerne schalten, weil das ein körperlicher Vorgang ist, bei dem man die Erhöhung oder Hinderung von Geschwindigkeiten noch so richtig mitkriegt. Nun gut, Automatik geht dann auch. Aber mehr bitte nicht. Und jetzt das? Wofür brauche ich einen Parkeinweiser, einen sogenannten Selbstparker? Das kann ich doch selber. Und ein wenig Bewegung im Auto tut gut. Ich brauche ja sogar in der Regel nicht mal dieses sogenanntes Navi. Auf jeden Fall dort nicht, wo ich mich auskenne. Wie oft führt es mich dumme Wege und weiß noch nicht einmal, daß man in einer Stadt wie Frankfurt des Nachts anders fährt als zu Stoßzeiten, also andere Straßen nimmt. Das ist die eigene Erfahrung und ich mache keine Erfahrung mehr, wenn ich dauernd ein Navi benutze.

 

Aber das sind – auf dieser IAA – Problemchen von gestern. Denn jetzt wird voll aufgerüstet. Denn wie kann man das denn sonst interpretieren, daß ich als Fahrerin nur noch hinter dem Steuer sitze – warum eigentlich? - und der Wagen von alleine fährt. Er weiß alles, denn seine Elektronik ist nicht eindimensional, sondern berücksichtigt die anderen Verkehrsteilnehmer so wie mein eigener Verstand mitsamt der Erfahrung, erzählen mir auf der Messe die Fachmänner. Übrigens wirklich alles nur Männer. Die Frauen sind nur dazu da, ein Auto zu verschönern. Optisch.

 

Und der Herr von BMW hat mir genauso wie die Obermacker bei Mercedes vorgeschwärmt, was dieses Auto alles für mich tun will. Denn – und das ist die Quintessenz meiner Worte – nicht ich bin die, die das Auto fährt, sondern das Auto fährt mich und zwar mit einem Wissen über mich, das ich nicht mal selber so umfassend habe. Warum, lieber Herr Zetsche, soll denn mein Auto wissen, wann ich einen Kaffee möchte, ob und welche Musik ich hören will, mir zu einer Tablette wegen zu niedrigen Blutdrucks raten, oder zum nächsten Termin die nötigen personellen Informationen liefern. Dazu dann kommen aus dem Fahrersitz, in dem ich ja nur noch sitze und eben nicht fahre, Greifarme und lockern die verspannte Rückenmuskulatur, machen wahrscheinlich gleich noch einen Termin mit dem Krankengymnasten fest oder bieten mir eine Opernkarte für die Abendvorstellung an. Ich bin nicht mehr Täterin, was eine Autofahrerin immer war. Ich bin Opfer. Opfer von allem möglichen, die mich mit dem Argument der Entlastung an die Hand nehmen und alles für mich erledigen wollen.

 

Aber, ich will das nicht. Ich will das selber tun. Will selber fahren. Meine Gedanken, Gefühle, Absichten für mich behalten, vom Auto nicht instrumentalisiert, gegängelt, umsorgt, gepflegt, verhätschelt werden. Auch nicht durchschaut und manipuliert werden. Ich will einfach möglich sinnvoll von A nach B kommen. Und in einer Stadt wie Frankfurt nimmt man dafür sowieso sinnvoller den öffentlichen Nahverkehr. Aber wenn dann die Fahrer von S- und U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen auch noch fremdgesteuert werden, dann, ja dann ist guter Rat teuer. Hoffen wir darauf, daß solche, den Menschen entmündigenden und zu durchsichtigen Attrappen machenden digitalen Systeme einfach in der Produktion zu teuer sind. Lassen wir den Jungs im Versuchsstadium den Spaß. Sie können dann nichts anderes vielleicht noch Schlimmes anrichten.

 

Ich, ich auf jeden Fall will auch morgen selber fahren. Wie Herman Melvilles Bartleby der Schreiber möchte ich sagen: „ICH MÖCHTE LIEBER NICHT!“ Ich möchte weder vernetzt noch digitalisiert noch durchleuchtet, noch für unselbständig gehalten werden. Ich will einfach nur Auto fahren. Bitte laßt mich.

 

P.S. Über die gesamte rechtliche Problematik, wenn das selbstfahrende Auto dann doch einen Unfall baut, Menschen zu schaden kommen, will ich noch überhaupt nicht nachdenken. Ich ahne Abgründe. War nicht erst die Hirnforschung so weit, zu beweisen, daß die Hand sich schon bewegt, wenn der Mensch im Hirn erst danach die Entscheidung dazu fällt und deshalb Straftaten außerhalb der Verantwortlichkeit des Subjektes liegen. Nicht auszudenken.

 

Info: Eröffnung der IAA am Donnerstag, 17. September

 

www.iaa.de