Uraufführung von Markus Heitz, Michael Herberger und Xavier Naidoo am Staatstheater Darmstadt am 16. November, Teil 3/4

 

Claudia Schulmerich

 

Darmstadt (Weltexpresso) – Schweres Versäumnis! Wir kannten Markus Heitz, Jahrgang 1971 und Verfasser des Librettos und Mittexter der Lieder von TIMM THALER nicht. Dabei bedient er mit seinen unzähligen Romanen das von uns favorisierte Genre, das wir in Deutschland derzeit für unterbelichtet halten: die Phantastik und hat dafür schon xmal den Deutschen Phantastik Preis erhalten!

 

Respekt. Allerdings müssen wir uns über die Unterschiede von Fantasy und Phantastik ein andermal unterhalten und auch über den Zusammenhang mit der Schwarzen Romantik des E.T.A. Hoffmann oder des Edgar Allan Poe sowie Hanns Heinz Ewers ALRAUNE. Das Libretto zu TIMM THALER hat Heitz auf jeden Fall entschieden in die Ecke der Phantastik getrieben, womit er, um das gleich zu sagen, unsere volle Zustimmung hat. Er hat – sicher um den eigentlich 13jährigen und dann zum Mann gewachsenen Jungen auf einen Rollenträger (an diesem Abend: Timo Verse) festzulegen – aus Timm einen Spätpubertierenden, also einen sehr jungen Mann gemacht und er hat anderthalb Rollen dazuerfunden und damit zwei richtige Frauen ins Stück integriert, damit auch die Liebe ihren Platz hat. Ein Musical ohne Liebe, geht sowieso gar nicht.

 

Anderthalb neue Rollen? Wie geht das? Ganz einfach. Völlig neu ist LITLITH hinzugedichtet, dramaturgisch die Frau, um die sich alles dreht, hier die vom Dämon Behemoth besessene Saskia (hinreißend und hexenhaft gefährlich Elisabeth Sikora), eigentlich Frau von Alexander, des Geschäftspartners von Lefuet, und nun also Handlangerin des teuflischen Barons. Währenddessen kommt Marie als kindliche Schulfreundin im Buch vor, wird hier aber zur von TIMM geliebten MARIE (mit jugendlichem Schwung und stimmgewaltig Michèle Fichtner), die ihn zurückliebt und mitrettet. Bevor wir darauf eingehen, muß doch noch einmal das bewährte Personal vorgestellt werden, das das Buch von James Krüss und das Musical von Heitz, Herberger und Naidoo eint.

 

Es bleibt dabei, abgespeckt auf die Hauptorte, fängt das Spektakel direkt mit dem Spielcasino an, wozu das Wettbüro von Krüss passend aufgemotzt wird, wo der Baron (bravourös in der Sprechgesangsrolle Franz Nagel und vor der Pause ein wenig zu stark an Atze Brauner erinnernd) das perlende unwiderstehliche Lachen von Timm hört. Die Fähigkeit zu lachen fehlt ihm als vermenschlichter Dämon Astaroth aber, weshalb er es auf Teufel komm raus haben will, dieses Lachen und darob erst Timms Vater sterben läßt und noch sonst alle möglichen Schweinereien veranstaltet. Im 2. Akt, als Timm längst entschlossen ist, diesen Teufel zu überlisten, weshalb er noch lange brav mitspielt, dann aber mit Hilfe seiner neuen Freunde Alexander (Alexander di Capri) und der mit seinen Zaubersprüchen wieder zur Saskia gewordenen Lilith diesem Baron das Lachen abwettet, woraufhin auch dessen dämonische Macht gebrochen ist und deshalb der Geschäftsfreund ALEXANDER seine SASKIA wieder im Arm hält und der wieder lachende TIMM endlich seine MARIE.

 

Bevor wir auf die Inszenierung kommen, die uns viel besser gefiel, als wir zunächst befürchtet hatten, doch noch ein Wort zur Veränderung des Personals im Stück. Abgesehen davon, daß wir das legitim finden, wenn man aus einem Buch ein Musical auf der Bühne mit weiteren Personen anreichert, was stundenlang – drei Stunden sind zu viel! - das Publikum fesseln soll, hat Heitz das raffiniert gemacht – wir befürchten nur leider, daß die allermeisten Zuschauer seinen Bezug gar nicht verstehen. Allein diese hinzugedichtete Person LILITH zu nennen, ist genial. Diese Figur bevölkert seit der sumerischen Mythologie alle anderen vorderasiatischen Religionen, auch die jüdische und die christliche und ist so sehr eine Symbolfigur für Befreiung und Geisteskraft wie eine für das Übel der Welt. Und seien wir ehrlich: sie ist auch die Person, die dieses Musical am Drehen hält, so gut der Baron auch die patriarchalische Rolle spielt, ist es doch Lilith, die das Geschehen in Gang hält. Zuerst als böse Kraft im Sinne des Herrn Lefuet und dann als guter Geist für Timm und Marie. Daß ihr Mann hier Alexander heißt, vernachlässigen wir, denn bei Krüss gibt es verschiedene, vom Baron ausgespielte Geschäftspartner, wie Rickert und Kreschimir, die ebenfalls gerne dem Baron eins auswischen wollen. Fortsetzung folgt.

 

Foto: Barbara Aumüller

 

INFO I:

Musical in Kooperation mit dem Stadttheater Brno (Brünn)

 

Musikalische Leitung Johannes Zimmermann | Inszenierung Stanislav Moša| Bühne und Kostüme

 

Christoph Weyers | Choreografie Aneta Majerová| Choreinstudierung Markus Baisch

 

Mit Benedikt Ivo/Timo Verse als Timm Thaler, Stephan Bootz/Franz Nagler als Baron, Bettina Meske/Stephanie Tschöppe als Karin Thaler, Karl Grunewald/David Pichlmaier als Felix Thaler Felix Thaler, Michèle Fichtner als Marie, Karl Grunewald/Alexander di Capri als Alexander, Elisabeth Sikora/Hannah Garner als Lilith

 

Premiere 16. November 2013 | 19.30 Uhr | Großes Haus

 

Weitere Vorstellungen 22. und 28. November 2013 | 19.30 Uhr | Großes Haus

 

Karten: Staatstheater Darmstadt | Karten-Telefon 06151-2811 600 | Kassen-Öffnungszeiten: Montag bis

Freitag 10 bis 18 Uhr | Samstag 10 bis 13 Uhr

 

www.staatstheater-darmstadt.de

 

INFO II:

 

James Krüss, Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen, Oetinger Verlag 2006, erstmals erschienen 1962

 

 

INFO III:

 

Wir konnten die Premiere mit freundlicher Unterstützung des MARITIM Kongresshotel Darmstadt erleben. Beide Darmstädter MARITIMHOTELS bieten für Auswärtige ein TIMM THALER PAKET an. Für 149 Euro erhalten Sie neben der Eintrittskarte und der Übernachtung mit Frühstücksbuffet (sehr gut, finden wir!) , auch noch einen Vesperteller mit Odenwälder Spezialitäten und Wein aus der Region sowie einen Schlummertrunk in der Hotelbar und eine Flasche Wasser im Zimmer.

Buchbar sind noch folgende Termine: 28. November, 6. Dezember, 4. und 30. Januar

 

Telefon 06515 878-0 MARITIM Konferenzhotel

 

Telefon 05151-303-0 MARITIM Rhein Main Hotel