leons2Das Glück der Konzerte: DAS SCHLESWIG-HOLSTEIN MUSIK FESTIVAL (SHMF)  während des Wahlsommers 2021, Teil 7

Wolfgang Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - Das 3. Stück schließlich steht in C-Dur und ist ein Allegro. - #"3. Satz fängt schön an, in einer Abfolge von Triolen. Man vermutet ein Rondo! - So bleibt die Musik trotz aller anmutigen Inseln – doch etwas befremdlich. -- Bedeutet es eine Vergewaltigung des Komponisten, wenn man seine Sätze so spielt, dass einem alles aus EINEM Guss erscheint und einem ALLES gefällt, oder wäre erst das seine Erfüllung?"#

Man hört genau zu – und ringt mit Komponist und Interpretin. Sie schenkt dem Publikum nichts. Vielleicht könnte man sie als spröde bezeichnen, fast schon als abweisend. Sie ist nicht auf billige Publikumswirkung aus! Wenn sie ein Stück beendet hat, stellt sie sich zum Applaus nicht vor, sondern hinter den Flügel. ----- Nach dem Applaus spielt Elisabeth Leonskaja Schuberts Klaviersonate a-Moll op. 143 D 784, die aus den drei Sätzen: Allegro giusto / Andante / Allegro vivace besteht. Ein schwieriges, nicht leicht zugängliches Stück.

leonskNotiert ist: #"Sie spielt nicht glatt, sondern setzt die Brüche, scheint mir, deutlicher, als sie bei Schubert stehen. Will SIE auf diese Weise den WAHREN Schubert geben? / Eigenwillig. / Sehr gute linke Hand! (Die Bässe!) Die Konstruktion ist mir noch nie so klar vorgespielt worden!!!"# ---- Und: #"Danach SEHR bekanntes Stück."# - Es ist die "Wandererfantasie"; die genaue Bezeichnung lautet: Fantasie C-Dur op. 15 D 760, aufteilt in: Allegro con fuoco, ma non troppo / Adagio / Presto / Allegro. - Und ich finde in meinen Notizen: #"Super gespielt. Und fast aus 1 Guss! (Die Brüche sehr klein; man weicht nur selten mit Gedanken ab.) --- Kriegt sie den Humor in der Musik hin? (Liegt überhaupt welcher in ihr?) --- Das Ende der Sonate wie bei Ludwig van Beethoven in Heiterkeit aufgelöst, aber nicht in seine Triolen; sondern in heitere Hopser (sozusagen). - / Ermüdet nach dem heiteren Teil (weil EL ermüdet). Sie verspielt sich auch mindestens 1x. - Ende etwas runtergespielt, statt ausgekostet.)"#

Das Publikum klatscht stark. Natürlich: Der Applaus am Ende von Konzerten soll auch immer Zugaben herauskitzeln – oder treffender: herausklatschen. Es wird hier nicht enttäuscht. - #"1. Zugabe – vielleicht aus den 'Moments musicaux'. / Elisabeth Leonskaja wirkt resolut. / Schöner Anschlag. / Sie ist schon etwas ganz Besonderes."# --- Und, nachdem Sie noch einmal von der Bühne ging, in den Vorraum zur Bühne, auch schon einen prachtvollen Blumenstrauß vom SHMF erhielt, die 2. Zugabe: #"Auch SEHR bekanntes Stück. - Bei EL wünscht man sich, sie möchte sich stärker auch von der Konstruktion lösen. Vielleicht hält sie sich an ihr fest. Die starken Laut-Leise-Kontraste. - Bei aller Künstlerschaft – sicher eine gute Lehrerin – eine Offenheit ins Sich-Fallen-Lassen; in die Aufweichung der Grenzen zur 3. Dimension. Das fehlte bei aller Qualität, die unbestreitbar ist, ein Anteil an Faszination. (Daher das Technische. Es fehlt eine Spur Vergeistigung.)"# ----------- #"Ins Nebulöse hinein"# – könnte ich jetzt ergänzen; aber da wäre ich wieder bei den 'Grünen'; und durch keine Politiker, die es auf unsere Freiheit abgesehen haben, werde ich mir einen Konzertbesuch wie diesen ganz außergewöhnlichen verderben lassen! --------

Nach dem Konzert spielt, wie ich dann merke, Elisabeth Leonskaja einige kurze Stellen der Stücke noch einmal. Das Konzert wurde, wohl vom NDR, mitgeschnitten – und hier gab es ein paar Fehler oder störende Nebengeräusche. --- Ihr elegantes Kleid hat die Pianistin bereits ausgezogen und sich wieder in ihre Arbeitskluft begeben. - Ja, das ist sie tatsächlich: Eine ernsthafte Arbeiterin im Reich der Kunst! ----------- Eine kurze Fahrt durch Kiel, vor allem am Hafen der Förde entlang, rundet diesen Tag und dieses unvergessliche Konzert ab.

Fotos:
©W.M.