JanuskopfFrankfurter Musikpreis 2020 nach Corona an PETER MAFFAY in der Frankfurter Paulskirche übergeben, Teil 3/4

Peter Maffay

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wahrscheinlich weiß der Preisträger es überhaupt nicht und ahnt es nicht einmal , wie würdig und zentral  er in die Fußstapfen solcher Preisträger wie der Dirigenten Michael Gielen (1999) oder Hans Zender (1997) mit seiner Rede über den ihm und seiner Band verliehenen Frankfurter Musikpreis getreten ist. Diese beiden hatten so scharf wie niemals zuvor bei Dankesreden, der Stadt Frankfurt (Gielen) ins Gewissen geredet, als massive Kulturkürzungen beschlossen wurden, was auf die Ebene Deutschland transportiert wurde (Zender). Beide kamen aus dem Bereich der E-Musik, beide sind tot. Daß nun jemand vom Lager der U-Musik Tacheles redet und direkt an Jürgen Habermas anknüpft, der sich am selben Tag in der SZ im selben Sinn geäußert hatte, hatten wir nicht erwartet und haben erst nach einigen Sätzen aufgemerkt und das Gerät eingeschaltet.  

Peter Maffay bedankt sich, nimmt Bezug auf den Vorredner Gerhard A. Meinl, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller (BDMH), der die Lacher auf seiner Seite hatte, als er bemerkte, daß man sich hier oben vom Pult der Paulskirche schon viel gewichtiger vorkommt, und versichert, ihm ginge es genau so. Zuvor hätten sie auf der Fahrt hierher halt gedacht, es ginge wie immer, halt eine Preisverleihung, aber, schon als er in der Paulskirche angekommen sei, die vielen Leute, die Stimmung....es sei ihm eine Ehre. Er sprach frei, man hatte den Eindruck, er redet sich ein und dann hatte man tatsächlich das Gefühl von Gewichtigkeit und irgendwann setzte unser Mitschnitt ein:

Original
"Ich habe den Eindruck, dass die Falken die Oberhand bekommen...  und die Tauben verstummen.
Sie werden sogar verpönt.
Besonnene Stimmen werden mundtot gemacht.

Man redet von Weltkrieg, als wäre es eine Unterhaltungssendung, bei der es um Quoten geht.
Das ist so fatal und so erdrückend für unsere Gesellschaft!

Wir erleben „Entscheidungsträger“, die in wohltemperierten Räumen an polierten Tischen sitzend Entscheidungen treffen über unsere Köpfe hinweg und die Hoffnung auf Dialog, die Hoffnung auf Kompromisse schwindet meiner Ansicht nach mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Die allerwenigsten dieser Menschen haben Krieg erlebt am eigenen Leib. Und ich bezweifle, ob die Tragweite dieser Auseinandersetzungen, wie wir sie im Augenblick erleben und wie sie vielleicht noch größer werden können – ob diese Tragweite in den Köpfen angekommen ist.

Sie werden physisch nicht damit konfrontiert. Es gibt Stimmen, die andere übertünchen, andere überrennen, wir erleben Herrn Merz, wir erleben Herrn Dobrindt, Herrn Söder – und ich frage mich: „Was stellen sich diese Herrschaften vor, wenn sie über unsere Zukunft nachdenken?

Ich habe zwei Zeitschriften heute Morgen gekauft: eine heißt „Spiegel“ und die andere heißt „Stern“. Der Spiegel hat eine Aufmachung. Da steht: „Wovor haben Sie Angst, Herr Scholz?“ und der Stern sagt: „Sind Waffen eigentlich die richtige Lösung?“ Man sieht, wie breit diese Spaltung im Bewusstsein der Gesellschaft. steckt.

Wir Musiker sind eigentlich Pazifisten. Das liegt in der Tätigkeit, die wir ausüben. Und eine Alternative zu dem gibt es für uns Musiker nicht. Ich wünsche mir eine Welt, die frei ist von Gewalt. Wir haben eine kleine Tochter, die ist drei Jahre alt und viele von euch haben Kinder zu Hause. Ich möchte nicht, dass diese Kinder in Trümmern aufwachsen. Wir haben ihnen sowieso schon bis jetzt zu viel zugemutet. Und einen solchen Trümmerhaufen, wie er möglicherweise entsteht, wenn wir nicht die streitenden Parteien überzeugen an einen Verhandlungstisch zurückzukehren. Das wird unübersehbar werden und in so einem Trümmerhaufen ein Kind aufwachsen zu sehen, ist das Traurigste, was man sich vorstellen kann. Und insofern beobachten wir alle die Geschehnisse sehr aufmerksam und ich hoffe inständig und ich bitte darum, dass die Parteien trotz der Gräueltaten, die geschehen sind, dass die Parteien trotz der Aggression, die mit nichts zu rechtfertigen ist, über ihren Schatten springen und in der Lage sind, an einen Tisch zu kommen, um einen Kompromiss zu erreichen, der zurückführt zumindest zu einer minimalen Normalität.

Ich musste das loswerden, weil ich sonst nicht spielen möchte."

Peter Maffay hatte auch einen Satz eines Vorredners, ich denke es war der gewitzte Gerhard A. Meinl, aufgenommen, der gesagt hatte: "Wir machen keinen Fehler zweimal. Wir sind kreativ und denken uns neue aus. Das sollte man zum Motto machen. 

Foto:
©Eva Mittmann