IMG 2001Eine überraschende Bonnie Tyler in der Esperantohalle

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Die gitarrenlastige Vorgruppe More Than Words hatte mit ihrem Country-Rock das Publikum mächtig angewärmt, pünktlich um 20 Uhr legte dann die „Rockröhre“ (so viel Klischee darf sein) Bonnie Tyler kraftvoll los. Zunächst schluckte jedoch die viel zu laute Band ihre Gesänge.


Etwa beim Song „Have You Ever Seen The Rain“ der Creedence-Clearwater-Revival, fürchtete man, na ja, die Stimme der 72-jährigen hat wohl ziemlich nachgelassen, das ist Absicht. Aber bis zum vierten Stück der Sängerin, ihrem uralten Hit „Lost in France“, war den Technikern dann doch die Aussteuerung von Instrumentalmusik und Gesang gelungen.

In der folgenden Ballade „To Love Somebody“, war diese altbekannte kratzige Stimme wieder voll zu hören und übertraf das Original der Bee Gees bei weitem. Übrigens ebenso wie später ihr Song „The Best“, den Tyler ziemlich erfolglos ein Jahr vor Tina Turner veröffentlichte. „Tina baut die Spannung wie eine schleichende Katze auf“, meinte später eine Besucherin, „doch bei Bonnie springt ein Raubtier.“ Der Sound der Band verkam durch die bessere Aussteuerung nicht zur Hintergrundmusik. Sondern mit einer Gitarre, dem Synthesizer, Schlagzeug und Bass schuf die Gruppe durchgehend einen rauen Blues-Rock, der sich prächtig mit dieser Stimme verband. Es gab genügend Raum für Gitarren- und Synthesizer-Soli und mächtigen Bass’n Drum-Rhythmus. Irgendwann zelebrierte der fantastische Gitarrist sogar einen Hauch Jimi Hendrix mit dem Instrument im Nacken.

Nach vielen früheren Ausflügen der Sängerin in Country-Gefilde oder vom Softpop Dieter Bohlens bis zum Eurovision Song Contest, war es jetzt ein Genuss, sich diesen satten Klängen der Band mit Tylers stacheliger Stimme hinzugeben. 2021 hatte die Britin ihr neues Album „The Best Is Yet To Come“ fertiggestellt, das trotz gelegentlichem Bombast auch ziemlich rockig wurde. Zur Promotion wollte sie mit diesem Werk in Europa auf Tour gehen, doch das verhinderte die Corona-Pandemie. Die jetzt nachgeholte Tournee ist erstaunlicherweise keine Werbetour für diese Platte, sondern eine fantastische Mischung ihrer alten aber zeitgemäß gerockten Hits aus 50 Bühnenjahren, wenigen neuen Stücken des letzten Albums und Cover-Versionen von Kolleginnen und Kollegen. Zum in die Knie gehen ihre Interpretation des „Turtle Blues“ von Janis Joplin: einfach eine Wiederbelebung der so früh gestorbenen Sängerin.

Erwähnenswert noch die Light-Show, die nicht zum Selbstzweck wurde, sondern differenziert Tyler und ihre Band in Szene setzte. Das Publikum war von Anfang an begeistert, immer wieder gab es Ovationen im Stehen und es wurde viel mitgesungen. Jeweils nach ersten Takten der Instrumentalisten stimmten die Leute sofort „It’s A Heartache“ an oder „Turn Around“ beim eigentlich für Meat Loaf komponierten Song „Total Eclipse Of The Heart“, nach dem die Tournee benannt wurde.

Eineinviertel Stunden später beendete die Rocklady ihr Konzert ziemlich fetzig mit dem Schrei nach einem Helden: „Holding Out For A Hero“. Dann war abrupt Schluss für uns aufgeheizte Besucherinnen und Besucher, das Saallicht ging an. Eine kleine sanfte Ballade der neuesten Platte, etwa Donovans „Catch The Wind“, wäre zum Herunterkommen ganz schön gewesen.

Aber diese Stimme...