Bildschirmfoto 2024 01 20 um 22.11.49JOHN ZORN gelingt jüdische experimenteller Musik 

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - «Yo! I killed your God» – so heißt eine Aufnahme des Musikers Marc Ribot, die John Zorn für sein Label Tzadik Records eingespielt hat. Zorn ist ein Ausnahmekünstler, sein Label widmet sich jüdischer Musik, die aber in experimentellen Formen daherkommt. Im Free Jazz ebenso wie in Synthesizer-Aufnahmen. Jedes Album ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Die Aufmachung, die Text- und Bildbücher, die beiliegen. Es gibt eine grosse Fan-Gemeinde dieses Labels und sie besteht wahrlich nicht nur aus Juden. Zorn ist ein aus der Zeit Gefallener. Er gibt keine Interviews, aber vor allem hat er sich lange den Streaming-Plattformen verweigert.

Die Musik von Tzadik Records gab es nur zu kaufen, auf Vinyl oder CD, aber nie bei Spotify und anderen Plattformen. Das ist nun anders. Zorn hat die Musik freigegeben, um mehr Zuhörer zu finden, um vor allem auch Menschen, die wenig Geld haben, die Möglichkeit zu geben, diese jüdisch-musikalische Experimentierfreude kennenzulernen. Der Avantgarde-Pianist Anthony Coleman, der eng mit John Zorn zusammenarbeitet, wusste, dass dieser Moment kommen werde, als er sah, wie ECM Records seine eklektischen Musikaufnahmen 2017 zum Streaming freigab. «Als sie nachgaben, fühlte ich, dass die Tage für Tzadik gezählt waren», erklärte der Pianist. Für Musiker sind Plattformen wie Spotify natürlich eine finanzielle Katastrophe. Pro angehörte Aufnahme wird kaum mehr als ein Penny an die Musikautoren gezahlt, so können viele Künstler, die nicht zum Mainstream gehören, nicht überleben. Jon Madof, der selber ein Avantgarde-Label besitzt und eng mit Zorn gearbeitet hat, betont, dass Spotify dennoch «eine Einführung in die Welt der Musik von John Zorn sein» könne. Zorn würde immer genau bedenken, was für seine Künstler am besten sei.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 19. Januar  2024