Der Speicher bietet historischen Charme und Club Feeling. Foto B. AltherrHandgemachte Livemusik im Speicher in Bad Homburg

Barbara Altherr

Bad Homburg (Weltexpresso) - Schon beim Betreten des Speichers in Bad Homburg liegt ein Kribbeln in der Luft. Der alte Backsteinbau mit seiner intimen Atmosphäre ist längst kein Geheimtipp mehr für handgemachte Livemusik. Radius, eine der angesagtesten Funk- und Soul-Bands Deutschlands, begeistert das Publikum vom ersten Takt an. Und die Band trifft mit Leonora (Foto untn links) auf eine junge Sängerin, die gerade erst beginnt, die deutsche Funk and Soul-Szene neu zu definieren.


Sängerin Leonora performte kraftvoll und inspirierend. Foto B. AltherrRadius  (Foto unten rechts) ist eine Band, die sich nicht in Schubladen pressen lässt – und doch ist ihre musikalische DNA klar: Funk und Soul, gespielt mit deutscher Präzision, internationalem Anspruch und einer unverkennbaren Portion Spielfreude. Was vor einigen Jahren als leidenschaftliches Projekt einiger der besten Session-Musiker der Republik begann, hat sich inzwischen zu einem der aufregendsten Live-Acts des Landes entwickelt.

Die sieben Musiker – Jonas Vogelsang (Gitarre), Stefan Rey (Bass), Jan Klinkenberg (Keyboards), Alex Bernath (Schlagzeug), Lennart Allkemper (Saxophon), Jonathan Böbel (Posaune) und Max Seibert (Trompete) – bilden eine Einheit, die wie ein Organismus funktioniert: Alles greift ineinander, jeder Groove sitzt, jedes Solo hat ein Ziel. Dabei ist nichts glattpoliert, nichts steril. Radius klingt wie eine Band, die den Funk nicht nur spielt, sondern lebt.


Radius – Funk mit Präzision, Seele und Haltung

Ihr Markenzeichen: ein Bläsersatz, der so punktgenau und dynamisch agiert, dass er locker mit den legendären amerikanischen Funk-Combos mithalten kann – präzise wie bei Tower of Power, aber mit einem modernen, europäischen Touch. Dazu kommen die funky Keyboard-Klänge“ von Klinkenberg, die warmen Rhodes-Texturen und der unverwechselbare Gitarrenton von Vogelsang, der den Sound zwischen Soul, Blues und Pop verankert.

Radius versprühen pure Lebensfreude. Foto B. AltherrBekannt wurden Radius zunächst als Support von Gregory Porter, wo sie ihr Können auf großen Bühnen unter Beweis stellten. Die Stücke sind ausgefeilt, die Grooves tief, die Arrangements clever – mal erinnern sie an Stevie Wonder und Earth, Wind & Fire, dann wieder an die minimalistischen Funk-Strukturen von Vulfpeck oder an die Fusion-Ästhetik von Herbie Hancock.

Was Radius live besonders auszeichnet, ist ihre Energie. Kein Mitglied drängt sich in den Vordergrund, und doch strahlt jeder Musiker eine eigene Persönlichkeit aus. Bassist Rey spielt seine Linien mit fast unverschämter Lockerheit, Drummer Bernath bringt einen federnden Groove, der selbst die komplexesten Taktarten tanzen lässt. Wenn die Bläser in die Höhe schießen und Vogelsang die Gitarre singen lässt, scheint der ganze Raum zu vibrieren.

Im Zusammenspiel mit Leonora

Als die Band ihren Gaststar Leonora auf die Bühne bat, änderte sich die Energie im Raum schlagartig. Schon der erste Ton zeigte: Hier stand keine Nachwuchshoffnung, sondern ein echtes Ausnahmetalent. Die 23-jährige Deutsch-Italienerin, aufgewachsen in Köln und Neapel, gilt spätestens seit ihrem viralen Auftritt beim Eurovision Song Contest-Vorentscheid 2025 als kommender Shootingstar. Damals überraschte sie mit einer eigenwilligen Mischung aus Funk, Pop und Italo-Charme – und schaffte es, Jury und Publikum gleichermaßen zu begeistern. Auch wenn es am Ende nicht ganz für den ESC-Finalsieg reichte, war Leonora die unangefochtene Entdeckung des Abends. Ihr Song „Fire in My Feet“ landete in den Streamingcharts und brachte ihr über Nacht eine wachsende Fangemeinde – und viele davon schienen an diesem Abend in Bad Homburg im Publikum zu stehen. Ihre Stimme – kraftvoll, geschmeidig, manchmal rau – erinnert an eine junge Dua Lipa, ihre Bühnenpräsenz an Lizzo: charmant, selbstbewusst, voller Lebensfreude. Das Zusammenspiel mit Radius war geschmeidig und inspirierend und das Publikum genoss es sichtlich.

Der Speicher - ein atmosphärisches Kleinod

Der Speicher Bad Homburg zeigte sich an diesem Abend von seiner besten Seite: warmes Licht, exzellenter Sound und ein Publikum, das offen und enthusiastisch auf jede musikalische Wendung reagierte. Der außergewöhnliche Veranstaltungsort, bekannt für seine Mischung aus urbanem Flair und intimer Herzlichkeit, bot genau den richtigen Rahmen für dieses Highlight im Herbst. Radius und Leonora haben hier ein Funk-Feuerwerk gezündet, das noch lange nachhallt.

Fotos: 
Barbara Altherr