Bachs Weihnachtsoratorium mit Ballett. In Hamburg von John Neumeier, In Berlin von Christoph Hagel choreographiert

 

Helmut Marrat

 

Weltexpresso (Berlin) – Unsere Doppelung mit dem leichten Vergleich bezieht sich natürlich auf die Neumeier-Aufführung in der Hamburger Staatsoper und die von Christoph Hagel im Berliner Dom. Vielleicht sollte man zuerst die Frage stellen, ob sich Bachs Musik für eine Tanzdarbietung eignet?

 

Denn genaugenommen sind es ja biblische Texte, eben nach Lukas' und Matthäus Überlieferung, den beiden Evangelisten. Und vor allem herrliche Musik.

 

Doch sowohl Neumeier, wie auch Hagel beantworteten diese Frage positiv. Und so erzählen beide ihre Sicht der Geschichte. Und beide zeigen auch, was aus diesem Ereignis, der Geburt Christi, zu werden droht, wenn man es banalisiert. So fand die Berliner Aufführung ausgerechnet an einem verkaufsoffenem Adventssonntag statt. Also eigentlich eine Tatsache, die es nicht geben sollte, aber eben dennoch gab. Wie nun aber greift Hagel diesen Umstand auf? Er lässt gleich zu Beginn Tänzer als Weihnachtsmann auftreten, und im Laufe des Abends Tänzer, die verpackte Geschenke tragen. Wie macht es Neumeier? Zu Beginn steht auf der Bühne ein Weihnachtsbaum, also ein heidnisches Symbol.

 

Der Hamburger Abend ist, vom Ballett her, strenger, sehr viel kunstvoller, der Berliner heiterer, und musikalisch gelungener. Zudem ist es ein Unterschied, ob die Aufführung in einem Theaterraum oder Kirchenraum stattfindet. Nur erstaunlicherweise nutzen die Berliner ihren Raum sehr viel spielerischer. Während der Sinfonia zieht etwa eine Herde echter Schafe über das Holzpodest, und später seilt sich ein Akrobat als Engel herab. Es ist Lutz Haase. Ein wenig erinnert die Berliner Aufführung an Holiday on Ice, während es bei Neumeier ein klassischer Abend wurde, mit teilweise sehr schönen Bildern.

 

Musikalisch aber In Berlin gelungener. Sauberere Einsätze, bestechenderes Spiel. Allerdings haben die Berliner sogar ein Stück von Händel und aus einer Bachkantate hineingefügt. Während man in Hamburg streng bei der Vorlage bleibt.

 

Bei den Sängern in Berlin sagte mir der Sopran und der Tenor besonders zu. Christiane Roncaglio und Johannes Gauglitz. In Hamburg würde das Orchester für eine CD-Einspielung kaum ausreichen.

 

Fotos: Die Kuppel des Berliner Dom (c) Wolfgang Mielke