Zum Auftakt der Musikmessen die bunte und laute Verleihung der Preise für die Musikmacher, die LEA-Awards am 4. April in der Frankfurter Festhalle, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es gab neben den Preisverleihungen Momente der Rührung, ja der Stille. Das ist natürlich bei der Ehrung der im letzten Jahr verstorbenen Musiker sowieso der Fall, wobei man jedesmal denkt, so viele Gestorbenen waren es in den Jahren davor nicht, so viele Prominente, wenn man die Namen auf der großen Leinwand liest und hört.

 

Die Namen von David Bowie, Natalie Cole, Keith Emerson, Max Greger, Nikolaus Harnoncourt, B.B. King, James Last, Kurt Masur, Hugo Strasser und vielen anderen und explizit den Attentatsopfern in der Musikstätte Bataclan Paris am 13. November 2015. Und dann wurde des gerade und völlig plötzlich noch jungen Roger Ciceros gedacht, der an diesem Abend hätte auftreten sollen. Der Tod war also mitten unter uns und die Veranstalter taten gut daran, seine vorgesehenen Auftritte durch keine andere zu ersetzen.

 

In Erinnerung bleiben kleine Hinweise der heute Großen im Musikgeschäft, wie es einmal angefangen hat, wenn die Kosten für ein Konzert bei 50 Pfennigen lagen. Zwischen mehreren Preisverleihungen gibt es dann immer den Auftritt von Künstlern, bzw. Gruppen, wobei unterschieden wird in LIVE und SHOW ACT. Letzteres traf auf Jojo Wendt zu, den Klavierartisten, der vor der Benennung der Künstlernachwuchsförderung das Klavier zum Leuchten brachte. Buchstäblich. Er trug nämlich Handschuhe – nur die Fingerkuppen waren zum Spielen frei - , die auf den Fingeroberseiten Leuchtelemente besaßen, so daß die schnelle Bewegung der Finger auf dem Klavier wie Tausende von Glühwürmchen wirkten, die durch die Nacht ziehen.

 

Das konnte man so gut beobachten, weil drei Leinwände das Geschehen auf der Bühne für die ganze Festhalle unmittelbar nahe brachten, als stünde man dabei. In der Mitte eine Leinwand über die ganze Bühne und auf den Seitenemporen für jede Seite eine kleinere, immer noch große, so daß diese gute Sicht auch mit zur Zufriedenheit des Publikums führte. Übrigens hatte sich Wendt dann auch schnell zu den Hamburger Bands gesetzt, von denen es an diesem Abend viel zu hören und zu schmunzeln gab. Irgendwie gibt es in Hamburg mehr Musiker als anderswo, dachte man an diesem Abend.

 

Und das Klavier stand auch bei Sophie Hunger im Mittelpunkt, die, das konnte man genau beobachten, besonders gut beim Publikum ankam. Aber sagen wir es umgekehrt. Es gab niemanden, dem bei seinem Auftritt nicht zugejubelt wäre, wobei bei den artistischen Körperspielen der Havanna Nights atemlose Stille herrschte. Das waren alles Männer.

 

Und die Frauen? Die gab es als Künstlerinnen vielfältig. Aber bei den Preisen für Veranstaltungen? Ausgezeichnet wurden ja in der Regel Männer, weil die Veranstaltungswirtschaft noch immer überwiegend in Männerhand liegt. Das ändert sich nur langsam, aber so wie die auch an diesem Abend allgegenwärtige Helene Fischer – als Ausgezeichnete, als Laudatorin, als Künstlerin – mit ihren letzten Tour rund 800 000 Fans erreichte, so ziehen auch in die Riege der Veranstalter immer mehr Frauen ein – und vielleicht gibt es dann bei den acht Branchenpraktikern, die in der Jury sitzen, auch mal eine oder mehrere Frauen und vielleicht wählen die auch Frauen. So sind es bisher von 24 Juroren ganze drei Frauen. Zu wenig.

 

So ist erst recht zu verstehen, daß der Preis für ein Lebenswerk ebenfalls an einen Mann ging. André Bechir erhielt diesen Preis – Achtung, im Jahr 2016 wird ja immer für das überschaubare abgelaufene Jahr gewählt! - und den Preis der Jury 2015 ging an Roland Temme für die Tourneen mit Udo Lindenberg und Künstlermanager/Künstleragent des Jahres wurde Nicolas Grundel für Johannes Oerding.

 

Mit Wolfgang Niedeckens BAP ging der Abend nur auf der Bühne zu Ende. Denn das Eigentliche findet danach bei Essen und Trinken im hinteren Rund statt. Und Niedecken spielte nicht nur seine Gitarre und sang dazu, sondern sprach auch an der Rampe und erinnerte dabei an den gerade verstorbenen ewigen Außenminister Genscher, den er zitierte mit: „Menschlichkeit kennt keine Obergrenze“. Worte, das man sich merken muß.

 

Und diese sagenhafte Bühne mit all dem technischen Schnickschnack. Die Bühne bleibt bis zum Ende der Prolight+Sound, also bis Freitag bestehen, wo es dann tagsüber sowohl Konzerteinlagen als auch überwältigende Lichtspiele gibt. Heute braucht man sozusagen weder Musik noch Feuerwerke, die Lichtspiele, die diese Beleuchtungsmaschinen generieren ersetzten Himmel und Hölle, daß es nur so eine Pracht ist. Wirklich unglaublich und mehr als ein Konzert wert.

 

Lustig waren auch manche Dankesworte, von denen eine Äußerung in aller Sprachgebrauch übergehen sollte. „Wir sind der Meinung, daß die Jury richtig entschieden hat. Wir nehmen die Wahl an.“ Na, denn! Und ein Wiedersehen im nächsten Jahr, gleicher Ort. Fortsetzung folgt

 

 

P.S.: Nicht weiter erwähnen wollen wir Udo Lindenberg, der in unseren Augen einen Fauxpas beging. Er, der unter der ehemaligen Oberbürgermeisterin der Stadt sogar den hoch dotierten Frankfurter Musikpreis erhielt, tat im Abspann des aBends so, als ob er den jetzigen OB der Stadt Frankfurt, der ja zuvor gesprochen hatte, nicht so genau mit Namen kennte. Peter Feldmann wurde zu etwas ganz anderem, das rief zwar Lacher hervor, aber so manchem blieb das Lachen im Halse stecken, denn es gibt eine allgemeine Übereinkunft im Lande: treibe niemals mit Namen der Menschen Spott. Und schon gar nicht Hohn. War mies, Udo Lindenberg.