hauptkadettenanstaltHistorische Berliner Straßen und Plätze in Lankwitz und Lichterfelde, Teil 5/5

Harald Lutz

Frankfurt am Main / Berlin (Weltexpresso) – Mit Start im Herzen Schönebergs über das beschauliche Friedenau und Steglitz erreichen wir auf der fünften und letzten Etappe unseres historischen Stadtspaziergangs mit den Berliner Ortsteilen Lankwitz und Lichterfelde den südlichen Stadtrand der Spreemetropole.

Mit seiner Junkers W 33 – der „Bremen“ – könnte der Luftfahrtpionier Günther Freiherr von Hünefeld in „seiner“ Straße im Süden Berlins kaum landen. Auf dem schmalen Asphaltweg zwischen Steglitzer Damm und Ludwigsburger Weg spielen die Kinder vor schmucken neuen Villen und traditionsreichen Landhäusern. Nur ab und zu müssen sie ihre Skateboard-Kunststücke unterbrechen, wenn sich einmal ein Auto in die Berlin-Lankwitzer Hünefeldzeile verirrt. Alte Bäume säumen den Straßenrand. Ahorn, Eiche und Birke stehen im üppigen Grün.


huenefeldHünefeld startete von Berlin zum ersten Atlantikflug in Ost-West-Richtung

Der „Pate“ dieser Vorstadtidylle dürfte heute nur noch eingefleischten Luftfahrtfans ein Begriff sein: Zusammen mit dem Nachtflugleiter der Lufthansa, Hermann Köhl, und dem irischen Flugoffizier James Fitzmaurice überflog Hünefeld 1928 als erster den Atlantik in Ost-West-Richtung. Mit Hilfe seiner Propellermaschine wollte er neue Verkehrswege erkunden und für die Völkerverständigung werben.

Aus den gleichen Motiven startete er ein Jahr später – nur dreieinhalb Monate vor seinem Tod – zu dem Ostasienabenteuer Berlin-Tokio. Dabei hatte der Pionier der Lüfte auch noch ganz andere Talente. Nach dem Ersten Weltkrieg kümmerte sich der gebürtige Ostpreuße als Pressechef des Norddeutschen Lloyds um die schreibende Zunft. Eine Erfahrung, die ihm später bei der Niederschrift seiner Reiseberichte zugute kam. Als Schriftsteller versuchte er sich auch an Gedichten und Schauspielen.

Zuletzt wohnte Hünefeld in Südende und wurde nach seinem Tod auf dem alten Friedhof in Berlin-Steglitz beigesetzt. Zur Ehrung mit einem Straßennamen kam es aber erst im Jahre 1953. Den Vorschlag machte eine Firma, die mit dem Bruder des Ozean-Fliegers geschäftlich zu tun hatte.


An der belebten Finckensteinallee in Berlin-Lichterfelde ging es meist militärisch zu

Militärisch gedrillt und gebechert wurde an der heute viel befahrenen Ost-West-Achse Finckensteinallee im Berliner Ortsteil Lichterfelde. An der Toreinfahrt zu den roten Ziegelbauten (Titelbild), die das Straßenbild prägen, erinnert eine Tafel an die ursprüngliche Bestimmung: die im Jahre 1717 als Eliteschule des Offizierskorps aus der Taufe gehobene Preußische Hauptkadettenanstalt zog 1878 auf das Lichterfelder Gelände bei Berlin. Der hanseatische Bauunternehmer Johann Anton Wilhelm von Carstenn, der mit Villen und Straßenzügen in Lichterfelde sein Vermögen machte, hatte dem Militärfiskus mit dem Grundstück ein fürstliches Geschenk gemacht.

In den 1920er Jahren folgte das erst zivile Zwischenspiel. Die Kadettenanstalt war aufgrund des Versailler Vertrages 1919 aufgelöst worden. Nach dem Umbau zogen Pennäler und Schutzpolizisten ein. Unter den Nazis belegte Hitlers Leibstandarte die Backsteingebäude mit Beschlag. Nach Übernahme durch die US-Army im Jahre 1945 wurde die Kaserne nach Generalleutnant Frank M. Andrews umbenannt, der bei einem Flugzeugabsturz in Island ums Leben kam.


von steubenPreußischer Offizier stritt an der Seite George Washingtons für die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten

Der Zentralbau der Andrew Barracks trug den Namen „Steubenhaus“ – nach dem preußischen Kadetten und Offizier, der später als General an der Seite George Washingtons für die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika stritt. Heute befindet sich in den denkmalgeschützten Gebäuden eine Außenstelle des Koblenzer Bundesarchivs, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Der südliche Bereich wurde abgerissen. An seiner Stelle ist das „Schweizer Viertel“ entstanden, eine Mischung aus Wohn-, Reihen- und Einfamilienhäusern. Zur Goerzallee sind Läden und Geschäfte gebaut worden.

Im Jahre 1902 noch Lichterfelder Straße, wurde die Verkehrsader zwischen Dahlemer Weg und Drakestraße 1905 in Zehlendorfer Straße umgetauft. Finckensteinallee heißt sie seit den 1930er Jahren. Genau kann man das heute nicht mehr feststellen. Das Berliner Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat darüber keine Unterlagen mehr. So werden im Volksmund zwei verschiedene Versionen gehandelt, wem die Straße ihren Namen verdankt: Die offizielle Version verweist auf den engen Vertrauten Friedrichs des Großen, Karl Wilhelm Reichsgraf Finck von Finckenstein (1714 – 1800), preußischer Staats-, Kriegs- und Kabinettsminister. Das Steglitzer Heimatmuseum dagegen favorisiert ein anders Familienmitglied des alten Grafengeschlechts: Oberstleutnant Wilhelm Ernst Finck von Finckenstein, den ersten Kommandeur der Hauptkadettenanstalt.


Fotos:
Backsteingebäude der eh. Hauptkadettenanstalt
Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf
Günther Freiherr von Hünefeld und
US-General von Steuben
©Public Domain

 
Info:
Bisherige Artikelfolge in WELTEXPRESSO
https://weltexpresso.de/index.php/unterwegs/21086-elssholzstrasse-und-akazienstrasse_544
https://weltexpresso.de/index.php/unterwegs/21182-am-muehlenberg-und-kolonnenstrasse_544
https://weltexpresso.de/index.php/unterwegs/21794-perelsplatz-und-birkbuschstrasse_544
https://weltexpresso.de/index.php/unterwegs/24252-filandastrasse-und-suchlandstrasse
https://weltexpresso.de/index.php/unterwegs/24551-huenefeldzeile-und-finckensteinalle


Autoreninfo: Harald Lutz lebt und arbeitet als Fachjournalist und Technikredakteur in Frankfurt am Main.