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Präventionspreis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Deutschen Stiftung Innere Medizin (DSIM) anläßlich des Hybridkongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) e. V. – 22.-25. April 2023

Redaktion

Wiesbaden (Weltexpresso) – Wie lässt sich das individuelle Risiko von Patientinnen und Patienten, später an einer Volkskrankheit zu erkranken, präziser vorhersagen? Und: Welchen Einfluss hat die Wahl des Blutdrucksenkers auf das Epilepsierisiko von Bluthochdruckpatienten? Auf diesen beiden Fragestellungen fokussieren zwei herausragende Forschungsarbeiten aus 2022. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) und die Deutsche Stiftung Innere Medizin (DSIM) haben in diesem Jahr ihren renommierten Präventionspreis geteilt und vergeben die Auszeichnung an Neuropädiaterin Dr. med. Corinna Doege und an den Charité-Bioinformatik-Doktoranden Thore Buergel. Die Verleihung fand im Rahmen des Internistenkongresses 2023 statt.

 

Wenn es um die Risiken und Folgeschäden des arteriellen Bluthochdrucks geht, stehen meist Herzinfarkt und Schlaganfall im Fokus der präventiven Bemühungen. Vergleichsweise wenig beachtet wird dagegen das Risiko für epileptische Anfallsleiden bei Bluthochdruck-Betroffenen. „Das Risiko, eine Epilepsie zu entwickeln, ist bei dieser Patientengruppe mit rund 4 Prozent zwar deutlich geringer als ihr kardiovaskuläres Risiko – im Vergleich zur Normalbevölkerung ist es jedoch mindestens um den Faktor 2,5 erhöht“, erklärt Professor Dr. med. Stefan Frantz, der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Innere Medizin (DSIM). „Zudem geht ein epileptisches Leiden mit einer großen persönlichen Belastung einher und kann auch die Lebenserwartung einschränken.“ Grundlage der Forschungsarbeit von Preisträgerin Dr. med. Corinna Doege, Fachärztin in der Abteilung für Neuropädiatrie an der Kinderklinik Bremen, waren tierexperimentelle Studien, die zeigten, dass die in der Bluthochdruck-Therapie häufig eingesetzten Angiotensin-1-Rezeptor-(AT1-)Antagonisten das Auftreten von Epilepsien verhindern konnten.

Daraufhin prüfte Doege, ob diese Wirkstoffe auch bei Menschen das Epilepsierisiko senken. In ihre Kohortenstudie bezog die Medizinerin Daten von knapp 170 000 Hypertonie-Patientinnen und -Patienten ein, die zwischen 2010 und 2020 im niedergelassenen Bereich behandelt worden waren. Sie alle wurden mit Blutdrucksenkern aus einer von vier Wirkstoffgruppen therapiert: Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten oder AT1-Antagonisten. Hierbei zeigte sich, dass das Risiko für das Neuauftreten einer Epilepsie bei Bluthochdruckpatienten unter AT1-Antagonisten am niedrigsten, unter Beta-Blockern am höchsten war. „Die Untersuchung weist darauf hin, dass Bluthochdruckpatienten, die ein erhöhtes Epilepsie-Risiko haben, von der Behandlung mit einem AT1-Antagonisten profitieren könnten – diese wichtigen Erkenntnisse machen Hoffnung, dass Bluthochdruck-Patienten durch die richtige Medikamentenwahl besser vor der Entwicklung einer Epilepsie geschützt werden könnten“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Die Ergebnisse müssen noch in prospektiven Studien bestätigt werden. Die prämierte Arbeit, deren Erstautorin Dr. med. Corinna Doege ist, wurde 2022 in JAMA Neurology publiziert.

Forschergeist, große Mengen von Patientendaten, Künstliche Intelligenz – das sind die wichtigsten Grundlagen für die zweite herausragende Arbeit, die in diesem Jahr mit dem Präventionspreis ausgezeichnet wird. Mit dem Ziel, das individuelle Risiko für verschiedene   Volkskrankheiten präziser vorherzusagen, analysierte Preisträger Thore Buergel, Doktorand der Bioinformatik an der Charité Berlin, gemeinsam mit seinen Co-Autoren mehr als 100 000 Patientendaten aus einer großen britischen Biobank. Dabei konzentrierten sich die Forschenden auf sogenannte Metaboliten – Stoffwechselprodukte – im Blut der Probanden, die anhand von 168 Markersubstanzen analysiert wurden. Metaboliten stehen im Verdacht, bei der Entstehung einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen eine Rolle zu spielen. Mithilfe Künstlicher Intelligenz, die mit den individuellen Metaboliten-Profilen der Probanden sowie deren Krankheitshistorie gefüttert wurde, konnten die Forschenden ein Vorhersage-Modell entwickeln, welches sie mit Alter und Geschlecht kombinierten.

„So gelang es, das individuelle Risiko für 24 häufige Krankheiten – von Stoffwechsel- und Gefäßerkrankungen bis hin zu Krebs – deutlich genauer abzuschätzen als mit bisher verfügbaren RisikoScores“, so Professor Frantz. „Ein tolles Ergebnis, das in Zukunft eine wichtige Rolle in der personalisierten Prävention spielen könnte.“ Das Modell wurde in 4 weiteren großen Bevölkerungsstudien aus den Niederlanden und Großbritannien erfolgreich validiert. „Diese Arbeit wirft deshalb auch ein Schlaglicht auf die für die medizinische Forschung so enorme Bedeutung der Verfügbarkeit umfassender Patientendaten, welche in Deutschland leider immer noch unzureichend ist“, ergänzt Professor Ertl. Die prämierte Arbeit, deren Erstautor Thore Buergel ist, wurde 2022 in Nature Medicine publiziert.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) verleiht den Präventionspreis gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Innere Medizin (DSIM) im Rahmen des 129. Internistenkongresses, der Ende April in Wiesbaden stattfindet. Ausgezeichnet wird die beste aus dem deutschsprachigen Raum stammende Arbeit auf dem Gebiet der Primär- oder Sekundärprävention innerer Erkrankungen. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert und wird in diesem Jahr zu gleichen Teilen auf die beiden Preisträger aufgeteilt.

Ausgezeichnete Arbeiten:

1) Association Between Angiotensin Receptor Blocker Therapy and Incidence of Epilepsy in Patients with Hypertension

Doege, C. et al., JAMA Neurol. doi:10.1001/jamaneurol.2022.3413, Published online October 17, 2022.

https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/article-abstract/2797021

2) Metabolomic profiles predict individual multidisease outcomes

Buergel, T. et al., Nat Med. 2022 Nov;28(11):2309-2320.

doi: 10.1038/s41591-022-01980-3. Epub 2022 Sep 22.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9671812/

Foto:
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Info:

Termine und Links: 

129. Kongress der DGIM – Hybridkongress

Samstag, 22. bis Dienstag, 25. April 2023

Wissenschaftliches Programm unter: https://kongress.dgim.de/programm/programm-planer/

 

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