Bildschirmfoto 2018 02 04 um 10.07.28In Moskau fand ein 30-minütiges Gespräch unter vier Augen zwischen Binyamin Netanyahu und Wladimir Putin statt

Jacques Ungar

Moskau (Weltexpresso) - Binyamin Netanyahu reiste Anfang der Woche zu einem Kurzbesuch nach Moskau – viel mehr als ein Interessenaustausch fand wohl nicht statt.

Die nur wenige Stunden dauernde Visite Premierministers Binyamin Netanyahu in Moskau war im doppelten Sinn des Wortes eine Blitzreise. Einmal weil die Reise sich in einem zeitlichen Minimalvolumen bewegte, die den Begriff der Blitzreise als gerechtfertigt erscheinen liess. Anderthalb Stunden verhandelten israelische und russische Experten und Offizielle mit Binyamin Netanyahu und Wladimir Putin an der Spitze über drängendste Probleme aus Jerusalemer Sicht im Zusammenhang mit iranischen Bemühungen, sich militärisch in Syrien und Libanon festzusetzen. Hinzu kam ein nicht geplantes 30-minütiges Tête-à-Tête unter vier Augen zwischen Netanyahu und Putin.


Klare Linie Israels

Der zweite Grund, von einer Blitzvisite bei Putin zu sprechen, es war bereits die siebte in zwei Jahren, ist die Befürchtung, dass der Blitz im Falle eines Scheiterns der Gespräche einschlagen und einen politisch-militärischen Flächenbrand verursachen könnte. Putins Einfluss im Nahen Osten befindet sich zwar auf einem Höhepunkt, doch gegen Unberechenbarkeiten iranischer Provenienz wäre auch er nicht immun, vor allem nicht, wenn die Entschiedenheit Netanyahus hinzukommt, den Teheraner Expansionsgelüsten einen Riegel vorzuschieben. Je mehr das offizielle Israel seine Existenz durch die Aktivitäten der Islamischen Republik gefährdet sieht, umso früher dürften Netanyahu & Co. diesen einen Riegel vorschieben. Nach den Gesprächen mit Putin liess der Premier keine Zweifel offen an seinem Konzept der «roten Linien»: «Wir befinden uns an einer Wasserscheide in Bezug auf Syrien: Wenn Iran sich dort festsetzen will, muss dieser Prozess entweder von alleine eingedämmt werden, oder dann werden wir ihn eindämmen. Effektiv sind wir bereits damit beschäftigt.» Zu Libanon machte der Premier seinem russischen Gegenüber klar, dass Israel nicht bereit sei, Drohungen mit Präzisionswaffen aus Libanon zu akzeptieren: «Wenn wir handeln müssen, werden wir handeln.»

Im besten Fall war das Treffen von Moskau eine «Begegnung der Interessen zwischen Israel und Russland», wie Netanyahu es formulierte, wobei er hinzufügte, dass es in Jerusalems Hand liege, den Zustand in Syrien und Libanon zu stabilisieren. Allerdings schloss Israel auch eine gegenteilige Entwicklung nicht aus, wobei der Premier unterstrich, dass nicht Israel der Faktor sei, der versuche, die Realitäten zu verändern und eine Eskalation zu provozieren.


Wachsenden Aktivität Teherans

Wie der israelische Premier nach dem Treffen gegenüber Journalisten sagte, verstünden die Russen die israelische Position «voll und ganz», ebenso wie die Ernsthaftigkeit, mit welcher Israel solche Drohungen betrachte. «Die russische Armee ist an unserer Grenze. Wir haben es geschafft, unsere Interessen und Handlungsfreiheit zu bewahren, indem wir die Erwartungen koordinieren», betonte Netanyahu.­ In seinem anderthalbstündigen Gespräch sowie der Unterredung von 30 Minuten unter vier Augen präsentierte er Putin die Details der wachsenden Aktivität Teherans in der Region, einschliesslich der Bemühungen, Libanon zu einer grossen Raketenfabrik zu machen, was Israel strikt zurückweise.

Offizielle der IDF glauben darüber hinaus, dass Iran seine Bemühungen wieder aufgenommen hat, in Libanon eine Fabrik für die Herstellung von Präzisionswaffen zu errichten. Das schreibt der israelische Armeesprecher, Brigadegeneral Ronen Manelis, in einem Artikel, der in verschiedenen, sich im Besitz der libanesischen Opposition befindlichen Websites veröffentlicht worden ist. Vor etwa einem halben Jahr hatten hochrangige israelische Offizielle Iran bereits vorgeworfen, mit dem Bau von Fabriken zur Herstellung von Waffen in Libanon begonnen zu haben. Israel hatte damals mehrere Male damit gedroht, die Fabriken zu bombardieren, die sich laut Jerusalemer Vermutung im Bau befanden. Gemäss der israelischen Darstellung will Iran seine Be­mühungen intensivieren, die Genauigkeit der Raketen und anderer Projektile der Hizbollah­-Miliz zu verbessern.

Laut ausländischen Berichten hat die israelische Luftwaffe einige der Konvois attackiert, welche Präzisionswaffen von Syrien nach Libanon schmuggelten. Als Folge dieser Angriffe wollen die Iraner offensichtlich ver­suchen, die Produktionsstätten nach Libanon selber zu verlegen. In seinem Artikel schreibt der IDF-Sprecher: «Infolge der Aktionen und Passivität der Beiruter Behörden wird Libanon­ zu einer einzigen grossen Raketenfabrik, während die internationale Völkergemeinschaft grösstenteils wegschaut. Es geht nicht mehr länger um den Transfer von Waffen, Geld oder Rat. Effektiv hat Iran einen neuen Zweig in Betrieb genommen, den libanesischen Zweig.» Mit der Unterstützung Irans, so schreibt Manelis,­ baut die Hizbollah «terroristische Infrastruktur und Fabriken, um unter der Nase der libanesischen Regierung Waffen zu produzieren.» Manelis warnt die Libanesen auch davor, dass Iran «mit ihrer Sicherheit und Zukunft» spiele. In dieser Hinsicht werde 2018 zu einem Test bezüglich der künftigen Politik Libanons werden. Die IDF seien auf jedes Szenario­ vorbereitet und würden dieses Jahr ihre Bereitschaft verbessern, schrieb Manelis, ohne irgendwelche Zweifel offen zu lassen. «Unsere roten Linien unsere Sicherheit betreffend sind klar, und wir beweisen dies jede Woche», schreibt der IDF-Sprecher auf den libanesischen Websites.


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© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 2. Februar 2018