kpm AWO Verwaltung in Frankfurt am MainDie herbeigeschriebene Feldmann-Affäre

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mit „Fatales Schweigen“ titelte FR-Redakteur Claus-Jürgen Göpfert, der den Grünen nahesteht, seinen Kommentar in der Ausgabe vom 4. August.

Und sein am 5. August veröffentlichter Bericht über die so genannte Feldmann-Affäre trägt die Überschrift „Anfragen ohne Antwort“. Die „hessenschau.de“ des öffentlich-rechtlichen Hessischen Rundfunks leitete am 5. August ihren Artikel so ein: „Ein unangemessen hohes Gehalt als Kita-Leiterin und dazu einen Dienstwagen: Die besonderen Zuwendungen der AWO für die Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters sind mittlerweile ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Der Rathauschef gerät dadurch zunehmend unter Druck.“ Im folgenden Absatz heißt es aber: „Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte dem hr, dass zu Gehalt und Dienstwagen von Zübeyde Feldmann als Leiterin einer Kita ein gesondertes Ermittlungsverfahren läuft. Es werde aber nicht gegen die Eheleute Feldmann, sondern gegen namentlich nicht genannte ehemalige Verantwortliche der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ermittelt.“ Qualitätsmedien würden ihre Berichterstattung damit beginnen, um sämtliche unberechtigten Mutmaßungen von vornherein auszuschließen.

Die politischen Gegner von Oberbürgermeister Peter Feldmann würden vermutlich mehr als nur eine Achillesferse bei dem Sozialdemokraten finden, falls sie ihre Aufklärung im Rahmen einer demokratischen Streitkultur seriös betrieben. So hat das Frankfurter Stadtoberhaupt Persönlichkeiten wie Ina Hartwig (Kultur und Wissenschaft), Mike Josef (Planen und Wohnen) und Klaus Oesterling (Verkehr) zu Dezernenten ernannt, deren Dilettantismus nur noch von der Unfähigkeit des Baudezernenten Jan Schneider (CDU) übertroffen wird.

Ina Hartwig schirmt sich im Deutschordenshaus von nahezu allen relevanten Kulturvorgängen ab und überlässt die Entscheidung über Sanierung oder Neubau der Theaterdoppelanlage ausgerechnet Architekten und Baulöwen, also den Nutznießern einer Neubaulösung. Gegen diese Unterform einer Vorteilsnahme regt sich weder bei der CDU noch bei den Grünen der geringste Widerspruch. Mutmaßlich ist das die von Schwarz und Grün akzeptierte Form von Vetternwirtschaft.

Stadtrat Mike Josef hat bislang die Tricks und Fallen der Immobilienmafia noch nicht durchschaut. Also reagiert er mit kleinteiligen Gegenmaßnahmen auf die Vertreibung des Normalbürgers aus der Stadt. Notwendig wäre der deutlich formulierte Anspruch, die Regeln des Wohnungsmarktes selbst zu bestimmen und diese grundsätzlich gegen die Interessen der Spekulanten durchzusetzen. Die Beiträge von Stadtrat Klaus Oesterling zur Verkehrsinfrastruktur erschöpfen sich im Bemalen von Radwegen (statt in ihrer physischen Abgrenzung zu Autostraße und Gehweg) sowie im Achselzucken gegenüber dem Terror der E-Scooter-Verleiher. Es gibt also ausreichende Anlässe, um sich mit Peter Feldmann politisch auseinanderzusetzen.

Fraglich hingegen ist, ob Feldmanns früheres Arbeitsverhältnis bei der AWO eine diffamierende Erbsenzählerei rechtfertigt. Möglicherweise war es ihm gelungen, sich eine Führungsposition maßschneidern zu lassen, die in der Hierarchie der Wohlfahrtsorganisation objektiv nicht benötigt wurde. Aber das war vor seiner Zeit als Oberbürgermeister. Innerhalb der SPD wurde damals sogar offen infrage gestellt, ob sich Feldmann bei der OB-Wahl würde durchsetzen können (so beispielsweise von seinem Intimfeind Thorsten Schäfer-Gümbel). Und erst recht bezweifle ich, ob die Tätigkeit seiner Ehefrau für die AWO einen Anlass für politisch und strafrechtlich relevante Vermutungen gibt. Anscheinend gelang es ihr, ihre Arbeitskraft zu für sie besonders guten Konditionen zu verkaufen. Möglicherweise wurde sie sogar belohnt, ohne ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen zu müssen. In beiden Fällen kann ich eine Vorteilsnahme im Sinn von § 331 StGB nicht erkennen. Denn das Strafgesetzbuch ist in diesem Punkt sehr eindeutig:

„(Absatz 1) Ein Amtsträger [...] oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Soweit bekannt wurde (auch vom Schwarzfunk HR), ermittelt die Staatsanwaltschaft weder gegen den Oberbürgermeister noch gegen dessen Ehefrau. Vielmehr laufe ein Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Geschäftsführer der AWO wegen des Verdachts der Untreue.

Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass die 52 schriftlichen Fragen des Stadtverordneten Yanki Pürsün (FDP) nicht mehr sind als selbst konstruierte Antworten auf Fragen, deren Beantwortung ihn gar nicht interessieren. Für die weiteren ca. 30 Anfragen aus CDU, Grünen und AfD dürfte Ähnliches gelten.

Zugegeben: Peter Feldmann macht es auch den ihm wohlgesonnenen Beobachtern nicht leicht. Denn er verhält sich linkisch und hat es bis jetzt nicht geschafft, kompetente Berater zu gewinnen.

Solche hätten vermutlich längst öffentlich nachgefragt, ob es die Frankfurter CDU angesichts ihrer Nähe zu Immobilienspekulanten tatsächlich geschafft habe, sich von der Einflussnahme ihrer einstigen Spender aus dem Rotlicht-Milieu endgültig zu befreien. Ebenso könnten sie von den Frankfurter Grünen eine deutliche Distanzierung von einem ihrer Gründer verlangen. Nämlich von Horst Jürgen Sch., der in die rechtsextreme Szene abgetaucht ist, seit Jahren Drohbriefe, teils mit Morddrohungen versehen, an kritische Bürger versendet und dafür bereits mehrmals zu Geldstrafen verurteilt wurde. Kein Grüner hat sich jemals mit den Opfern dieser Kampagne solidarisiert. Möglicherweise, weil einstige Vertreter der rechts-nationalen „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher AUD“, die sich 1980 zu Gunsten der neu gegründeten Umweltschutzpartei auflöste, immer noch Einfluss haben.

Wer eine Schlammschlacht herausfordert, läuft Gefahr, im eigenen Sumpf zu versinken.

Foto:
AWO-Zentrale in Frankfurt am Main
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