Bildschirmfoto 2021 05 06 um 00.13.36Wahlen in ISRAEL ohne neue Regierung

Jacques Ungar


Tel Aviv (Weltexpresso) - Kurz vor Mitternacht informierte Premierminister Binyamin Netanyahu den Staatspräsidenten Reuven Rivlin dahingehend, dass es ihm nicht gelungen sei, die nötige Mehrheit für die Bildung einer neuen israelischen Regierung zu mobilisieren.

Mit seiner Mitteilung an Präsident Rivlin, dass es ihm nicht gelungen sei, in den ihm zur Verfügung stehenden 28 Tagen die nötige Mehrheit für die Bildung einer neuen Regierung auf die Beine zu stellen, dürfte die politische Ära des regierenden Premierministers an ihren Ende angelangt sein. Kaum zu glauben, dass Netanyahu nicht noch irgendeinen Hasen aus seinem Zauberhut hervorzubringen im Stande war, aber zumindest die nüchternen Zahlen und Fakten lassen keinen anderen Schluss zu.

In einer ersten Reaktion gab das Büro des Präsidenten kurz nach Mitternacht bekannt, dass man am Mittwoch die in der Knesset sitzendenden Parteien bezüglich der Suche nach einem neuen Kandidaten informieren wolle. Für dieses Prozedere stehen Rivlin drei Tage zur Verfügung. Er kann die Aufgabe der Regierungsbildung entweder einem Kandidaten wie Yair Lapid übertragen oder dann die Knesset auffordern, selber einen Kandidaten zu bestimmen, der die nötige Minimal-Mehrheit von 61 der 120 Abgeordnetenstimmen für sich mobilisieren kann. Rivlin scheint jedenfalls entschlossen zu sein, möglichst zu einem Ergebnis zu gelangen.

Nicht auszuschließen ist aber auch die Möglichkeit, dass Neuwahlen ausgerufen werden – die fünfte Runde innert nur gut zwei Jahren. Diese Variante gilt allgemein als die Geheimwaffe Netanyahus, der sich reelle Chance ausrechnet, sozusagen durch die Hintertüre des Wahllokals doch noch ein weiteres Mal auf den Stuhl des israelischen Regierungschefs zu gelangen. – Wie auch immer die Dinge sich entwickeln werden: Der israelische Bürger ist weit davon entfernt, Zeuge zu werden einer Sternstunde der parlamentarischen Geschichte seines Landes. Angesichts der zahlreichen Krisen, die sich einer endlosen Kette gleich aneinanderreihen hat das in Israel wohl kaum jemand wirklich erwarten dürfen – ausgenommen natürlich Binyamin Netanyahu...

Foto:
Binyamin Netanyahu
©tachles

Info:
Nachdruck der drei Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 5. 5. 2021