
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Schriftsteller und Essayist Daniel Kehlmann ist am Sonntag, 9. Juni, in der Paulskirche mit dem Börne-Preis ausgezeichnet worden. Da der OB Josef in Tel Aviv weilt, begrüßte der Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff die Gäste in der Paulskriche im Namen der Stadt Frankfurt am Main. Die Ludwig-Börne-Stiftung hatte bei der Einrichtung des Preises die gute Idee, nicht einer Jury mit Mehrheitsentscheidung den Preisträger aussuchen zu lassen, weil diese sich oft auf ein Mittelmaß einigt, sondern jeweils einen Juror, eine Jurorin zu bestimmen, die dann frei ihren Preisträger wählen kann. Das war in diesem Jahr Felicitis von Lovenberg, die in Frankfurt noch in guter Erinnerung als Literaturchefin im Feuilleton der FAZ ist, heute Verlegerin des Piper Verlags. Sie wählte mit Daniel Kehlmann den heute wohl wirkungsmächtigsten Autor deutscher Sprache.
Der Preis wurde überreicht von Michael A. Gotthelf, Vorsitzender des Vorstandes der Ludwig-Börne-Stiftung, der auch die anschließende Podiumsdiskussion mit Felicitas von Lovenberg, Daniel Kehlmann und dem Schauspieler und Autor Christian Berkel moderierte, die man ebenfalls gerne im Wortlaut nachlesen möchte, da den Teilnehmern wichtige Aussagen zur gegenwärtigen Situation in Israel/Gaza gelangen.

Schon zuvor hatte die Jurorin Felicitas vo Lovenberg die Romane von Daniel Kehlmann auf Sprache und Inhalt analysiert und darauf hingewiesen, daß Kehlmann 2005 mit DIE VERMESSUNG DER WELT und den authentischen Lebenssituationen sowie dem fiktiven Treffen des Mathematikers und Geodiäten Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und des Naturforschers udn Universalgelehrten Alexander von Humboldt (1769-1859) einen literarischen Welterfolg mit einer Auflage von über sechs Millionen gelungen sei. Doch seien seine weiteren Romane, hier insbesondere Tyll, über Till Eulenspiegel, und Lichtspiel über den österreichischen Filmregisseur G.W. Papst, der aus den USA nach Europa zurückkehrte, als der Nazis wegen die meisten Künstler seiner Qualität dort Zuflucht suchten, ebenfalls besondere Werke, die sie insbesondere auf ihre Sprache hin lobte, Sie sagte; „Daniel Kehlmann ist ein virtuoser wie subtiler Erzähler von Parallelwirklichkeiten. Zumal wenn er den Blick in die deutsche Vergangenheit richtet, zeigt sich die Relevanz seiner Literatur zum tieferen Verständnis unserer Gegenwart und so liest sich sein Werk als brennend aktuelle Mahnung angesichts der wachsenden Bedrohung der Demokratie und der fortschreitenden gesellschaftlichen Polarisierung.“

Der Preis wurde 1993 eingerichtet und als erster Juror fungierte der damalige Literaturchef der FAZ, Marcel Reich-Ranicki, der den Musikwissenschaftler und Musikautor Joachim Kaiser auswählte. Von den bisherigen Preisträgern seien hier die Doyen der politischen Publizistik Rudolf Augstein und Hans-Magnus Enzensberger genannt. 2004 wagte die Stiftung, sich mit Jorge Semprun den durch die Nazi-Haft im KZ Buchenwald deutschsprechenden poliitschen Essayisten, Romancier, Politiker als Juror auszusuchen, der mit der schon in der DDR klare Worte formulierenden Daniela Dahn, was ihr damasl Gefängnis einbrachte, eine Preisträgerin aussuchte, die in ihrer Dankesrede Tacheles über die Übernahme der DDR durch die BRD von sich gab. Allein die Auflistung des heutigen Besitzes an Grund und Boden in den neuen Bundesländern durch Westdeutsche, wirklich imperialen Ausmaßes, war es der FAZ wert, in einer höhnischen Glosse über die Preisträgerin herzuziehen. In der Regel sind seither die Preisrichter gut bekannte Leute, die gut bekannte Leute auswählen, wobei die FAZ sowohl bei den Preisrichtern wie den Preisträgern bevorzugt erscheint. Auffällig ist, daß viel zu wenig Frauen Jurorinnen werden und die Juroren und Jurorinnen viel zu wenig Frauen als Preisträgerinnen aussuchen.
Mit Daniel Kehlmann ist auf jeden Fall ein Preisträger erwählt, der dieses Preises würdig ist und dies in einer mitreißenden Rede, gespickt mit Ludwig Börne-Zitaten, auch noch bewies.
Das Preisgeld beträgt 20 000 Euro.
Fotos:
©Andreas Varnhorn