Disorder Rebel Store100 Jahre Bauhaus in Dessau 

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Berlin (Weltexpresso) - In diesen Wochen wird in Dessau (Sachsen Anhalt) und teilweise auch international an das 100 jährige Jubiläum dieser Künstler-, Architekten- und Designer-Gruppe erinnert. Von ihrer Konzeption her war die Zusammenführung von Kunst und Handwerk damals etwas völlig Neues. Das Bauhaus gilt weltweit als Avantgarde der Klassischen Moderne auf allen Gebieten der freien und angewandten Architektur, der Kunst und des Designs. Bis heute findet man in vielen Ländern Beispiele der Bauhaus-Architektur, nicht nur in Deutschland, auch in Israel, Italien und in Spanien. Besonders in den USA wurde nicht zuletzt der Hochhausbau von Architekten des Bauhauses massiv beeinflusst. 

Diese Verbreitung der Bauhaus-Architektur ist nicht nur Ausdruck der internationalen Anerkennung der Designer-Leistung, sondern war auch Ergebnis des politischen Umgangs mit dem Bauhaus und dessen Verfolgung durch völkisch nationalistische Kräfte und später durch die NSDAP.  

Dies begann bereits in Weimar, wo die Bauhaus-Schule 1919 unter Walter Gropius mit ihren Werkstätten in der staatlichen Kunstakademie ihren Ausgangspunkt hatte. Bis heute stilbildend sind die in diesen Werkstätten entstandenen Alltags- und Gebrauchsgegenstände, die sich nicht nur durch eine besondere Ästhetik, sondern gleichzeitig durch hohe Funktionalität auszeichneten. Während die Kunstwelt dieses neue Design feierte, das Motto „Form follows function“ (Form folgt der Funktion) vielfältige Gestalter anregte, hetzten reaktionäre Kräfte in Weimar, die diese Kunstrichtung bereits als „entartet“ denunzierten, gegen die Kunstschule und ihre Protagonisten. 

Als 1923 die Arbeiterregierung in Thüringen durch die Reichsregierung mit Militär abgesetzt worden war, brachten die Neuwahlen im Februar 1924 eine reaktionäre Mehrheit von deutsch-nationalen und völkischen Kräften. Diese Landesregierung halbierte den Etat des Bauhauses, so dass die Existenz dieser Design-Schule in Weimar unmöglich wurde. Im Herbst 1925 zog das Bauhaus nach Dessau, einer sozialdemokratisch geprägten Industriestadt, wo man ein besseres Umfeld erhoffte. Aber auch dort war man eher geduldet als geliebt. Die rechten Kräfte setzten ihre in Weimar begonnene Kampagne gegen diese „undeutsche“ Kunst fort. Als bei den Kommunalwahlen 1931 die NSDAP in Dessau stärkste Kraft wurde, beantragte sie gemeinsam mit den Deutschnationalen, das staatliche Bauhaus in Dessau zu schließen. Die KPD stimmte gegen den Antrag der Nazis, die SPD enthielt sich. Damit war das Schicksal dieser Einrichtung auch in Dessau besiegelt. 

Ludwig Mies van der Rohe versuchte die Bauhaus-Schule auf privater Basis in Berlin bis 1938 fortzusetzen. Das war nach dem 30. Januar 1933 nur möglich, indem er selber sich dem NS-Regime andiente. Zeitgenossen kritisierten ihn deshalb als „Steigbügelhalter des Faschismus“, da manche seiner Schüler Mitglieder in NS-Organisationen waren. 

Andere Vertreter des Bauhauses emigrierten Anfang der 1930er Jahre in die Vereinigten Staaten, unter ihnen Josef Albers, Herbert Bayer, Walter Gropius und László Moholy-Nagy, der in Chicago 1937 versuchte eine „New Bauhaus“- Design-Schule aufzubauen. Vor Beginn des Krieges folgt selbst Ludwig Mies van der Rohe. Zahlreiche jüdische Bauhaus-Architekten emigrierten nach Palästina. In Tel Aviv errichteten sie im Sinne des Bauhaus-Konzeptes mehr als 4000 Gebäude. Diese „Weiße Stadt“ besitzt seit 2003 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes. Bauhaus-Architekten gingen auch in das republikanische Spanien, wo sie 1934-1936 halfen, in Gava südlich von Barcelona das Gebäude der „Unio de Cooperadors“ zu erbauten. 

Nicht alle Bauhäusler hatten das Glück, das faschistische Deutschland verlassen zu können. Viele wurden Opfer von Verfolgung. Den absurdesten Umgang mit dem Bauhaus erlebte Franz Ehrlich. Er wurde in der Aufbauphase 1937/38 in das KZ Buchenwald verschleppt und musste – als Häftling und Künstler – das schmiedeeiserne Tor des Lagers mit dem Leitspruch „Jedem das Seine“ gestalten. Und so ist bis heute das Bauhaus mit der KZ Gedenkstätte Buchenwald untrennbar verbunden. 

Mindestens 21 Künstlerinnen und Künstler des Bauhauses wurden während der NS-Herrschaft in Konzentrationslagern oder Gefängnissen umgebracht. In ihrem Sinne erinnern auch Antifaschisten an die mehr als 100jährige Geschichte des Bauhauses.

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©Disorder Rebel Store

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Quelle: FIR Newsletter 2025-37 dt.
FIR: Fédération Internationale des Résistants, internationale Dachorganisation von Verbänden antifaschistischer Widerstandskämpfer