nürnbergNürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess

FIR

Berlin (Weltexpresso) - Wir erinnern mit diesem Newsletter an die Eröffnung des ersten internationalen Strafgerichtshof vor über 80 Jahren. Die Idee eines internationalen Strafverfolgung der NS Verbrechen wurde bereits im Oktober 1943 auf der Moskauer Außenministerkonferenz diskutiert. Angesichts der Monstrosität der Verbrechen von Wehrmacht und SS-Verbänden in den besetzten Territorien sollten sich die deutschen Hauptkriegsverbrecher vor einem Gericht der Völker verantworten.

Zur Vorbereitung dieses Verfahrens wurde die United Nations War Crimes Commission gegründet, die schon während des Krieges Dokumente und Zeugenaussagen für die Verbrechen sammelte. Wie der Prozess praktisch aussehen sollte, entschieden die Alliierten jedoch erst im Sommer 1945 mit dem Abkommen „über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse“ vom 8. August 1945, unterzeichnet mit dem so genannte „Londoner Statut“, auf das sich die Siegermächte für das Verfahren verständigt hatten. Dreieinhalb Monate später, am 20. November 1945, wurde in Nürnberg, der Stadt der NSDAP-Reichsparteitage, der Prozess gegen 24 Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof eröffnet. Gegen einen der Angeklagten wurde in Abwesenheit verhandelt, andere, wie Adolf Hitler, Joseph Goebbels und Heinrich Himmler hatten sich zuvor durch Selbstmord der Verantwortung entzogen. 

Angeklagt waren führende Repräsentanten des NS-Regimes als Personen und als Repräsentanten der faschistischen Reichsregierung, der NSDAP und aller ihrer Untergliederungen, der SA, der SS, des SD und der Gestapo, als Vertreter der Wehrmacht, der Wirtschaft und des Propagandaapparates. Die vier alliierten Ankläger wiesen in ihrer Anklage nach, dass für die Verbrechen Personen und Institutionen des faschistischen Apparates gleichermaßen Verantwortung trugen. Die Anklagepunkte lauteten: Gemeinsamer Plan bzw. Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Angeklagt wurden Verbrechen in den vom deutschen Faschismus angegriffen und okkupiert Ländern. 

Das Gericht sah es nicht als seine Zuständigkeit an, faschistische Verbrechen gegen die deutsche Bevölkerung zu ahnden. Man ging jedoch davon aus, dass mit dem Verfahren Rechtsmaßstäbe gesetzt würden, auf deren Grundlage später deutsche Gerichte diese Verbrechen selbstständig verfolgen könnten. 

Der Ablauf des Verfahrens war geprägt durch eine erschütternde und erdrückende Beweispräsentation durch die Anklage. Überlebende der Konzentrationslager und der faschistischen Verfolgung wurden im Prozess als Zeugen gehört. Heute stehen die gesammelten Protokoll- und Dokumentenbände aller Verhandlungstage zur Verfügung – gedruckt und digital. 
Am 30. September und 1. Oktober 1946 wurde nach knapp einem Jahr Verhandlungsdauer das Urteil verkündet. 12 der 24 Angeklagten wurden zum Tode verurteilt. Die Urteile der Nürnberger Prozesse waren endgültig. Die Todesurteile wurden daher am 16. Oktober 1946 vollstreckt. Die zu Haftstrafen Verurteilten wurden in das Berliner Kriegsverbrechergefängnis Spandau verlegt. Der letzte Gefangene war Rudolf Hess, der im August 1987 in der Haft Selbstmord beging. 

Gemäß Londoner Statut konnte das Gericht eine Formation zur verbrecherischen Organisation erklären. Als verbrecherische Organisationen wurden eingestuft das Korps der Politischen Leiter der NSDAP, die Gestapo, der Sicherheitsdienst (SD) sowie die SS mit allen ihren Untergliederungen, d.h. auch die Waffen-SS-Einheiten. Dieses Urteil gilt bis heute und verbietet es eigentlich, SS-Freiwillige aus den verschiedenen europäischen Ländern zu rehabilitieren, wie es nicht nur in den baltischen Staaten geschieht. 
Aus der Sicht der FIR haben der Nürnberger Prozess und seine Urteile bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren. Der Prozess schuf in seinem Statut und Urteil Völkerrecht. Kein Staat bzw. kein Regierungsvertreter kann sich bei Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf „nationales Recht“ oder auf „Handeln auf Befehl“ berufen. Diese Prinzipien wurden bereits durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 11. Dezember 1946 einstimmig bestätigt.

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Quelle: FIR Newsletter 2025-47 dt.
FIR: Fédération Internationale des Résistants, internationale Dachorganisation von Verbänden antifaschistischer Widerstandskämpfer