Autorenlesung mit Musik im Garten der Fuldaer „Kunstschmiede“
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) – Langsam dämmert es im magischen Garten der „Kunstschmiede“ in Schlüchterns Altstadt. Sanfte Gitarrenklänge, Kalle Ziegler singt mit heiserer, reifer Stimme den melancholischen Bob-Dylan-Song: „Billy, you‘re so far away from home.“
Der Autor Rochus Hahn ist mal wieder in der alten Heimat und wird aus seinem Buch „Eine Vorzeigefamilie“ lesen. Ebenso verweist das Lied auf den Anti-Western „Pat Garrett and Billy the Kid“.
Denn Hahns Vater schleppte die Familie für einige Jahre in die USA, in den „Wilden Westen“, den er so sehr liebte. Im Wechsel mit der Musik von Ziegler liest der bekannte Autor aus seinem biografisch eingefärbten Roman. Mit den Klängen erzeugt der Musiker die Stimmung, welche die 40 Besucher in der intimen Atmosphäre des Stadtgartens sanft einhüllen und auf die Geschichten einstimmen. Vom strengen Vater gab es viel Prügel und Demütigungen, erschreckende Vorstellungen von der Hölle durch die erzkatholische Mutter. Der Verfasser ist zwar ein Ich-Erzähler, doch mit seinem humorvollen Stil schafft er Distanz zu den eigenen Kindheitserlebnissen.
Nach der Pause geht es abstruser weiter. Ziegler beginnt mit „Mrs. Robinson“ von Simon & Garfunkel, die ältere Frau verführt einen Jüngeren. Dann folgt die Geschichte über zwei Jugendliche, die mit zwei reiferen Stewardessen ihren ersten Sex erleben wollen. Dazu planen sie eine Drogenparty und streiten: „Meinst du, die gehen mit uns in die Kiste, wenn wir Pattex schnüffeln?“ Schließlich fahren sie nach Finnland, um den Urin von Elchen anzuzapfen, die psychedelische Pilze gefressen haben. Besonders skurril die Rückkehr nach Deutschland, wo sie einer Zollbeamtin weismachen, die Flüssigkeit in den Fanta-Flaschen sei für ihre Eigenurintherapie.
Nachdem das Publikum „Die Kunst Elch-Urin frisch zu halten“ (Buchtitel) lernte, endet der Abend mit Dylans „Forever Young“. Nicht ewige Schönheit wird beschworen – sondern dass du „für immer jung“ bleibst, wenn du tatkräftig lebst, das Rechte tust und standhältst, wenn sich der Wind dreht. Eine gute Botschaft – zwischen neu belebten Klängen und versponnenen Erzählungen!
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Galeristin und Kunstschmiedin Ursula Bernhardt stellt ihre Gäste vor © Hanswerner Kruse