Für den Urlaub den passenden lokalen Krimi, Teil 1/
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Als auf der Pressekonferenz des Deutschen Börsenvereins Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff kurz auf die regionalen Krimis zu sprechen kam und dass er in seinen Urlaub sich immer Krimis, die am Urlaubsort spielen, mitnimmt, dachte ich, prima, schauen wir uns mal in typischen Urlaubsregionen um. Das paßt doch. Und schon waren wir in Mallorca.
Andererseits wird nun interessant, wenn wir uns um solche Urlaubskrimis ein wenig kümmern, wer sie schreibt. Wahrscheinlich eben keine Einheimischen, hier keine Mallorquiner, sondern Ausländerinnen, die hier Urlaub machten, von denen manche hängen geblieben sind und inzwischen dort wohnen. Auf Anna Nicholas trifft dies auf jeden Fall zu. Die gut sechzigjährige Engländerin lebt inzwischen als freie Autorin auf der Insel, die inzwischen übrigens fast eine Million Einwohner hat, allein in der im Südwesten liegenden Hauptstadt Palma die Hälfte, fast eine halbe Million. DAS TEUFELSHORN spielt oben im Nordosten, es handelt sich um DER ERSTE FALL FÜR ISABEL FLORES und beginnt am Strand von Pollanca mit dem Verschwinden eines kleinen Mädchens. Wenn vom ersten Fall gesprochen wird, ist das für Isabell schon verwegen. Denn es müßte heißten, der erste Fall, seitdem sie ihre Karriere als Kommissarin aufgegeben hat. Der letzte Fall auf dem Festland war ihr zu nahe gegangen, deshalb nahm sie ihren Abschied und hilft derzeit lieber ihrer Mutter bei deren Ferienhausvermittlung. Doch als in ihrem Revier die kleine Miranda verschwand, ist sie zufrieden, als sie von ihrem ehemaligen Chef, Hauptkommissar Tolo Cabot dringend gebeten wird, kurzzeitig wiedereinzusteigen, was dann Probleme bringt, weil die lokale Polizeibehörde, die Guardía Civil mit Capítan Gómez sich leicht übergangen fühlt, was Isabel mit Charme und dem Vorteil, einheimisch zu sein, überspielt.
Sie bleibt der Dreh- und Angelpunkt des Krimis, der schnell einen zweiten Fall aufweist, ein aus Kolumbien stammender alter, sehr katholischer Mann wird brutal ermordet und an seiner Wand steht: Dieb! Haben beide Fälle etwas miteinander zu tun, ist eine der Fragen, die aber bald nicht weiter verfolgt wird, denn beim verschwundenen Mädchen, eine Entführung oder nicht, wird keine Lösegeldforderung erhoben. Das Mädchen hatte Geburtstag, verzehrte im Strandlokal ihr Lieblingsessen und als die Mutter zahlte, ging sie mit ihrem Eimerchen zum Strand. Später wird eine Videoaufnahme sie an der Hand einer blonden Frau in ein blaues Auto steigen sehen. Nie hatte sie sonst ihren kleinen Rucksack mit zum Strand genommen. Diesmal schon und dazu ihr Kuscheltier. Das alles vermittelt Isabel das Gefühl, dass sie diese Entführung entschlüsseln wird, was ihr am Schluß gekonnt gelingt.
Die eigentliche Krimihandlung liegt dazwischen und bringt dramatisches Geschehen mit sich. Da geht es um Drogenhandel übelster Art, da geht es um allzu Katholische, die ihren Glauben vorführen, um die Verbrechen zu kaschieren. Da geht es um eine Lüge nach der anderen und eine Kommissarin auf Abruf, die sich nicht aus der Ruhe bringen läßt und allein durch Gedankenarbeit, durch ständiges Durchdringen der Situation mit allen neuen Erkenntnissen, den entlarvten Lügen und viel Kommunikation mit Kolumbien und dem Festland auf die Lösungen kommt. Isabel erscheint wie eine Kombination von Maigret mit Einfühlungsvermögen und Intuition und Hercule Poirots Hirnarbeit mit seinen kleinen grauen Zellen. Sie ist eine erfolgreiche Ermittlerin und souveräne Frau, die nur aus der Ruhe bringen kann, wenn Kommissar Tolo allzuoft von seiner tatkräftigen Kollegin aus Madrid spricht. Da wird sich was tun!
Kein reiner Wohlfühlkrimi, sondern ernsthafte Fälle und entsprechende Aufklärung.
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Umschlagabbildung
Info:
Anna Nicholas, Das Teufelshorn. Der erste Fall für Isabel Flores. Ein Mallorca Krimi, Diogenes Verlag 2025
ISBN 978 3 257 30113 7