Der Hessische Film- und Kinopreis 2014 in Frankfurts Alter Oper am 10. Oktober, Teil 10

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt(Weltexpresso) – Der Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste Literaturverfilmung ging an den Regisseur von THE MOST WANTED MAN, den Holländer Anton Corbijn, der den Thriller von John le Carré verfilmte, der auf Deutsch als MARIONETTEN erschien. Rechtzeitig hat der Verlag Schirmer/Mosel nun eine Art Filmtagebuch in Bildern vorgelegt, das Anton Corbijn, der auch ein berühmter Fotograf ist, seinem Star PSH widmete.

 

Hinter den Kürzeln, das weiß im Filmgeschäft jeder und auch jeder, der den wirklich sehr guten Film gesehen hat, steckt Philip Seymour Hoffman, der im Film den deutschen Geheimdienstler spielt, den letzten der Guten, der noch gesellschaftliche Verantwortung spürt, ans Herz gehend und durch den Tod von Hoffman in seiner letzten Rolle zusätzlich mit Dramatik und dem Gefühl von Verlust verbunden. Das spürt man sofort auf der ersten Seite, wo Romanautor und Hauptdarsteller nach Hamburg gekommen – der Film spielt wie der Roman zum größten Teil dort - im aufgekrempelten Karohemd „had tea, coffee and water. We discussed in detail the story we were ( already) filming as Phil arrived a week into the shoot.“

 

Dort erkennt man auch, daß John le Carré, von dem man natürlich weiß, daß dies ein Pseudonym ist, aber von dem man halt immer als le Carré spricht, von seinen Freunden David genannt wird, sein richtiger Name David Cornwall.“David explained to Phil how spies ar going about their work...“Die Fotos sind nämlich von Anton Corbijn handschriftlich kommentiert worden, in unterschiedlicher Art, mal umschreibt er in Schreibschrift die ausgewählten Fotos oben und unten, sehr ausführich, mal gibt er nur die Szene aus dem Film an, so daß man dies wie ein Filmskript mit Bildern lesen könnte.

 

Aber stärker interessieren einen dann die Fotos, die aus der Produktion selbst entstanden sind, dann nämlich, wenn Graffitis in Hamburg gesucht – und gefunden werden, wo gleich ein Sofa unter dem Klassiker Che Guervara steht. Und daß Martin Wuttke vom Regisseur als brillanter (aha, im Englischen schreibt man also: brilliant) Bühnen- und Filmdarsteller bezeichnet wird, ja, da kann man nur zustimmen. Es sind übrigens, das merkte man schon bei den ersten Aufnahmen von ISSA, dem Flüchtling aus Tschetschenien (Grigoriy Dobrygin), hervorragende Fotos, die Corbijn gelungen sind. Auch die von Wuttke.

 

Wir blättern aber schon weiter. Wir suchen erstmal die reichlichen Aufnahmen von PSH und bleiben sofort bei denen weiter hinten, erneut mit David Cornwell, ach, wir sagen doch lieber John le Carré, hängen. Das sind große Porträtaufnahmen, die den wißbegierigen Hoffman und den erklärenden und gerade für seiner kleine Rolle im Film als Gast im Lokal Silbersack ausstaffierten Romanautor zeigen, der einfach für Hoffman die beste Auskunftsdatei abgibt, von dem Corbijn sagt, er habe ihn ausgesaugt und dies dann alles in die Figur des Geheimdienstlers Hoffman gesteckt.

 

Erst ganz am Schluß entdecken wir, daß der Verlag dankenswerterweise den handschrifltichen englischen Text ins Deutsche übertragen hat, denn es liegt in der hinteren Umschlagklappe ein Heft, da heißt es für das Bild von eben: „S.137 Er und Phil konnten sich endlos unterhlaten. David war die beste Informationsquelle, die man sich wünschen konnte, Phil hat alles in sich aufgesogen, um es später durch Bachmann wieder abzuleiten.“ Naja.

 

Nach dem Ausflug in den hinteren Teil, fahren wir vorne fort und konstatieren, daß die Fotos etwas anderes imaginieren als sie darstellen. Hilfsmittel dazu sind die Farben. Denn das gelb-orangen-bräunlich glühende Bild zeigt nichts anderes als eine Wand und die Decke eines ganz gewöhnlichen Treppenhauses. Auf den nächsten Seiten denkt man: „ ah, blaustichig, aber wie schön!“ Und auch hier stellt dies den mit Parolen verschmierten Eingang zum Haus der ausländischen Familie dar, die dem Flüchtling ISSA Unterschlupf bietet, also einen total ärmlichen verdreckten Hauseingang. Man kann schon sagen, daß die Art des Fotografen Corbijn die Wirklichkeit auf den Fotos veredelt. Fortsetzung folgt.

 

Foto: (c) Anton Corbijn. aus dem Soeben erschienenen Schirmer/Mosel Buch

 

INFO:

 

Anton Corbijn, looking at a most wanted man, Das Buch zum Film. Englische Ausgabe mit deutscher Textbeilage. Mit Photographien und Texten von Anton Corbijn, Verlag Schirmer/Mosel 2014