Der Hessische Film- und Kinopreis 2014 in Frankfurts Alter Oper am 10. Oktober, Teil 11

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt(Weltexpresso) – Was PSH bedeutet, das hatten wir gerade niedergeschrieben, denn es geht schlicht um die Kürzeln für den Hauptdarsteller von Corbijns Film A MOST WANDTED MAN, für den er den Preis der Buchmesse für die beste Literaturverfilmung erhielt: für Philip Seymour Hoffman in seiner letzten Rolle vor seinem unerwarteten Tod.

 

Und warum wir mit dem Schauen, Lesen und Entdecken im schönen Bildband des Regisseurs Corbijn, der als Fotograf seine Filmproduktion begleitet, immer nicht fertig sind, liegt sicherlich auch im Vermächtnis, das dieser Filmbilderband auch zu Hoffman bedeutet, dessen Tod man wirklich wie den eines Angehörigen betrauert. Das nun wiederum liegt sicherlich an der Rolle des deutschen Geheimdienstlers, den David Cornwell alias John le Carré in seinen MARIONETTEN als aufrechten Einzelgänger inmitten einer Geheimdienstschlangenbrut gewürdigt hatte, wobei einem doch auffällt, wie gut die deutsche Übersetzung, das heißt Neuerfindung des deutschen Titels ist, denn genau darum geht es, wie der deutsche Geheimdienst neben anderen zu Marionetten gemacht wird, weil vor allem der amerikanische CIA die Fäden zieht.

 

Wir waren mit Hoffman nicht fertig und hatten die meisten der Weltdarsteller auch noch nicht erwähnt, denn der Film ist das, was man schauspielerisch als hochkarätig bezeichnet, weshalb im Buch über den Film am Drehort in Hamburg in Text und Bild alle dies berühmten Namen nicht nur erwähnt, sondern als Personen abgebildet sind: die Amerikaner neben Hoffman, Rachel McAdams, Robin Wright und Willem Dafoe, der hier einen Hamburger Banker spielt, aber doch eher einen, wie man früher sagte, Bankdirektor und Besitzer einer Privatbank – gut, wir geben zu, daß wir das nie aussprechen oder niederschreiben können, ohne heftig an Bert Brechts Formulierung: „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ zu denken.

 

Auch die Riege der deutschen Schauspieler ist nicht ohne. Angeführt von Nina Hoss, die auf Corbijns Fotografien so präsent ist wie im Film, eine wunderbare Schauspielerin, die sich ganz schön verändern kann. Daß Herbert Grönemeyer nicht nur die Filmmusik komponierte, sondern mitspielt, hat sich auch herumgesprochen. Auch Daniel Brühl ist dabei und Rainer Bock in einer ganz wichtigen Rolle und von Martin Wuttke und wie besonders gut ihn Corbijn auf das Foto zwingt, auch.

 

Wir wollen im Buch zum Film noch weiterherumspazieren und erst mal PSH suchen, über den wir schon schrieben, der aber als Hauptdarsteller auch der wichtigste Mann ist. Nebenbei haben wir dann endlich auch begriffen, daß die fehlende Seitennummerierung im Buch unser Problem war. Wir sahen sie einfach nicht, weil wir traditionell oben und unten links für die linken Seiten und rechts für die rechten suchten. Da steht aber nichts, denn es würde dem Eindruck der Bilder auch nicht gut tun. Ganz klein ist die Bezifferung innen in der Mitte angebracht, weshalb wir jetzt auch – nachdem wir auch das deutsche Heft entdeckten – noch einmal den Durchgang vervollständigten.

 

Herrliche Wasserbilder in Rost und blau mit weißen Schaumkronen auf dem Rost und auf dem blauen Wasser haben die Unterschrift: „Ein Kran mit Kamera hängt über dem Wasser, um die Ruhe und die Welle am Anfang unseres Films aufzunehmen, eine Metapher für den ganzen Film. Das stand nicht im Drehbuch, aber ich hatte...diesen Anfang immer im Kopf. Natürlich filmten wird das am letzten Drehtag!“ (Seite 90-91)

 

Und auch die folgende Seite, eine der wenigen, die nur Text enthalten, ist aufschlußreich: „Ich habe dieses Buch Ende 2013 zusammengestellt, die Texte aber erst im April 2014 geschrieben, wenige Monate nach Phils vorzeitigem Tod. Es fällt mir extrem schwer, jetzt diese Texte zu schreiben, weil ich das wunderbare AMWM-Abenteuer jetzt, da Phil nicht mehr unter uns ist, mit anderen Augen sehe. Alles, was ich über ihn sagen möchte, bekommt viel mehr Gewicht (wie wahrscheinlich auch der Film)...“ Und die Tränen kommen nicht nur dem Regisseur und Fotografen. Und dann schildert er die nächste Bildszene, die einen schon beim Anblick aufhorchen läßt.

 

Da sitzt ein völlig entspannter Hoffman vor einem Gemälde, was in Rosa mit viele viel Grün und Wasser wie eine Mixtur aus Fata Morgana, chinesischen Wasserbildern, Rheinansichten oder dem Himmlischen Jerusalem anmutet - völlig irre, wirklich – und aus einem Restaurant nach dem Essen stammt, die Reste der Schnellküche sieht man noch auf dem Resopaltisch mit Alufolie und Dosenobstsaft. Aber das Eigentliche ist die rechts von Hofmann aus der Wand herausragende Steckdose, die einem sagt, daß man es hier wohl mit einer Fototapete zu tun hat, aus der die Steckdose herausgeschnitten wurde. Witzig. Und daß Diane Arbus eine solche mal fotografiert hatte, wußten wir natürlich nicht. Das aber schreibt Corbijn zum Foto dazu. So ist das Bild gleichzeitig eine Hommage an eine andere Fotografin.

 

Doch, doch, es ist dringend anzuraten, wenn man mit dem Durchblättern und Wiederfinden der Filmszenen durch ist, dann noch einmal von vorne anzufangen und systematisch die deutschen Texte anhand der Bilder zu verfolgen. Obwohl des Englischen mächtig, haben wir die deutschen Texte viel inhaltlicher gelesen und damit sozusagen einen Mehrwert gehabt. Ein schönes Buch, eines interessantes Werk des Filmregisseurs und Photographen Anton Corbijn und ein Vermächtnis für einen wunderbaren Schauspieler noch dazu. Außerdem macht das Buch zum Film sofort erneute Lust auf den Film!

 

Foto: (c) Anton Corbijn. aus dem Soeben erschienenen Schirmer/Mosel Buch

 

INFO:

 

Anton Corbijn, looking at a most wanted man, Das Buch zum Film. Englische Ausgabe mit deutscher Textbeilage. Mit Photographien und Texten von Anton Corbijn, Verlag Schirmer/Mosel 2014