Bei den jüdischen Kulturwochen das Judentum kennenlernen



Konrad Daniel und pia



Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Jetzt ist es wieder so weit. Die Jüdische Gemeinde Frankfurt und das Kulturamt der Stadt laden vom 29. September bis 13. Oktober ein zu den Jüdischen Kulturwochen 2013. Das hat inzwischen schon Tradition, wenngleich nie wieder das Judentum in Frankfurt diesen Reichtum und diese Brillianz erreichen kann, den die Nazis vernichteten.



In Frankfurt hatten die Juden nämlich seit altersher eine spezifische Situation. Sie waren in der freien Reichsstadt selber insofern frei, als sie nicht an die städtischen Oberen gebunden, den Allerobersten zu ihrem Chef und Gebieter machen konnten. Nein, keinen Gott, sondern ganz irdisch den Kaiser selbst. Als sogenannte Kaiserjuden waren sie seine direkten Untertanen, was die Frankfurter durchaus verbitterte, denn die Steuer ging so in den Säckl des Kaisers. Ja, ja, das hat mit den Jüdischen Kulturwochen nicht das Geringste mehr zu tun, aber wir versuchen halt bei allem die Geschichte und Kulturgeschichte mitzutransportieren. Und nun zum Heute.



Mit hochkarätigen Konzerten, interessanten Lesungen, lehrreichen Führungen, sehenswerten Filmen und einer Ausstellung möchten wir die Neugierde am Judentum wecken, das Gestern und das Heute transparenter machen, Vorurteile klären und den Dialog fördern“, sagt Dieter Graumann, Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde. Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth ergänzt: „Die Jüdische Kulturwoche ermöglicht, dass jüdische Kultur für eine breite Öffentlichkeit erfahrbar ist. Das Kennenlernen und die Begegnung führen zu einem Erkenntnisgewinn und bilden damit das Fundament für ein tieferes Verständnis füreinander.“

Einer der Höhepunkte der Jüdischen Kulturwochen ist ein Konzert mit dem in New York geborenen und nach Israel ausgewanderten Sänger Rami Kleinstein. Er ist in Israel einer der bekanntesten und beliebtesten Sänger. Kantor Tsudik Greenwald aus Israel und der Synagogenchor der Westend-Synagoge sowie der Klarinettist Roman Kuperschmidt werden mit kantoralen, jiddischen und israelischen Liedern und Musik die Kulturwochen in der Westend-Synagoge eröffnen. Dieter Graumann und Felix Semmelroth werden die Begrüßungsworte sprechen.

Mit einer ganz anderen Art von Musik präsentiert sich die Gruppe Fayfish – mit Jiddpop, einem Gemisch aus jiddischer Musik und Popmusik. Zum Bereich Lyrik und Musik zählt die Lesung mit Marianne Sägebrecht, bekannt durch ihre Filme „Out of Rosenheim“ und „Zuckerbaby“. Sie liest Gedichte von Hilde Domin. Musikalisch begleitet wird sie von dem Schauspieler und Violinisten Lenn Kudrjawizki. Eva Weaver, in Deutschland geboren und in England lebend, liest aus ihrem Debütroman „Jakobs Mantel“, eine berührende Geschichte aus dem Ghetto in Warschau. Die B&M Dance Company aus München tanzt nach Klezmermusik das Stück „Lomir Tanzn“ (Lasst uns tanzen). Der erste Teil dieser Aufführung wurde speziell für die Jüdische Gemeinde Frankfurt einstudiert.

Der Film „Playoff“ handelt von Ralph Klein, dem legendären israelischen Basketball-Trainer und bundesdeutschen Nationaltrainer, der 1931 in Berlin geboren wurde und 1951 mit seiner Mutter nach Israel auswanderte. Der Vater wurde in Auschwitz ermordet. Der zweite Film „Der jüdische Kardinal“ erzählt die bewegende Geschichte des Franzosen Aaron Jean-Marie-Lustiger. Er war Kind polnischer Juden, die Anfang des 20. Jahrhunderts nach Frankreich emigrierten. Seine Eltern wurden deportiert, seine Mutter wurde 1943 in Auschwitz umgebracht. Lustiger überlebte und wurde von einer Familie in Orleans aufgenommen. Er konvertierte zum Katholizismus und wurde später zu einem der engsten Berater von Papst Johannes Paul II. Der Film konzentriert sich vor allem auf die Auseinandersetzung des Geistlichen mit seiner Herkunft.

Das jüdische Theater aus München, welches sich aus Laienspielern zusammensetzt und deren Muttersprache jiddisch ist, präsentieren Sketche von Shimon Dzigan und Israel Schumacher in jiddisch. Jiddisch ist eine Sprache, die von vielen älteren Juden aus den Ostblockstaaten auch heute noch gesprochen wird und an die Kinder weitergegeben wird. Der Kochkurs zur jüdischen Küche, bestehend aus einem Vier-Gänge-Menü, vielen Überraschungen und Erklärungen zur koscheren jüdischen Küche, ergänzt das Programm der Jüdischen Kulturwochen.

Die beiden Führungen an Orte der Erinnerung „Jüdischer Friedhof Rat-Beil-Straße“ und „Neuer jüdischer Friedhof, Eckenheimer Landstraße“ sowie die Führung „Museum Judengasse und Alter jüdischer Friedhof Battonstraße“ geben Einblicke in das jüdische Leben einst und heute. Die Führung auf dem Rat-Beil-Friedhof und neuen jüdischen Friedhof ist verbunden mit Erklärungen zu Friedhofs- und Beerdigungsritualen.