f whateberhappensSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. November 2017, Teil 1

Hanno Lustig

Köln (Weltexpresso) – Meine Güte, gab‘s nach der Pressevorführung über diesen Film unterschiedliche Meinungen. Von ‚grandios‘ bis ‚unterirdisch‘. Mindestens. Naja, alles ein wenig vorhersehbar, aber die Geschichte von zweien, die weder miteinander so richtig können, noch ohne einander eine echte Alternative haben, ist halt ein Dauerbrenner.

Hier beginnt der Film mit dem Ende, das natürlich, darum wurde die Geschichte verfilmt, nur der Start zu einem neuen Anfang ist. Das Ende ist, daß ein sich trennendes Paar am Silvestertag den Makler erwartet, der die Wohnung als besenrein abnehmen soll. Der kommt auch, nur ist nichts besenrein, schlimmer, es steht noch viel rum, wo es einer Entscheidung bei drei Möglichkeiten bedarf: er bekommt es, sie – oder es wird weggeworfen.

Alltag also und doch das, was den meisten bei Trennungen genauso wehtut, wie das menschliche Gegenüber, was nun fehlt. Denn wir sind alle ganz schön Gewohnheitsmenschen und vor allem, lieben oder verabscheuen wir Gegenstände. Die fehlen dann oder sie ärgern einen. Und bei Trennungen wird das Eigentliche oft über den Besitz abgewickelt. Auch dabei gibt es mindestens zwei Möglichkeiten: „Ach, Schatz, ich überlasse das Dir...“ oder „Das gehört mir und das wollte ich unbedingt mitnehmen...“. In diesem Film jedoch kommt, gerade als es an das Eigentliche der Trennung geht, die Rückwärtstaste, ach so, das wäre am Computer, also im Film ist das nicht das Rückwärtsspielen, sondern das filmische Zurückgehen des Inhalts, nämlich an den Anfang der Beziehung der beiden. Das war vor sieben Jahren. Denn da gab es just dieselbe Situation.

Auf eine so richtig schöne, durchaus nicht billige Wohnung hin bewerben sich eine Menge Leute, die alle hindurchspazieren. In einem Raum hatte Hannah ( Sylvia Hoeks) sich noch mal überlegt, daß es schön wäre, aber...und auch Julian (Fahri Yardim) hätte die Wohnung gerne gemietet, als der genervte Makler eintritt und ihnen, die er für ein Paar hält, anbietet, ihnen sofort die Wohnung zur Mieter zu überlassen, nur damit er den Troß da draußen los ist. Nach kurzer Verständigung lassen sich Julian und Hannah auf dieses Scheingeschäft ein, denn für sie bringt es Vorteile, in einer Art Wohngemeinschaft zu leben. Doch dann wird aus der technisch gemeinten Gemeinschaft eine wirkliche. Die beiden verlieben sich ineinander.

Nun wird aber nicht linear diese Liebesgeschichte erzählt, sondern im Hin und Her wechseln Szenen vom Silvestertag mit den Erinnerungen. Für den Abend ist der Besuch der Silvesterparty bei Freunden geplant. Deshalb sind die beiden auch im Ausgehdreß. Dabei soll ja nicht nur ausgeräumt werden, sondern zusätzlich die Wände gestrichen werden. Ein ziemliches Durcheinander. Es herrscht Zeitdruck, aber das Entfliehen in die Vergangenheit schafft Raum und Zeit für die Entwicklung der Gefühle von damals. Die schienen so stabil, daß die beiden sich zutrauten, ihre Ehe etwas anders anzugehen. Denn sie, Hannah, hatte den begehrteren Job. Schnell war sie als Juristin, die ja für alles taugen, aufgestiegen und machte auch mit links ihre Mehrfachrolle: sie hatte ein Kind geboren, sie leben alle in München, beruflich muß sie nach Frankfurt. Das geht alles, weil Julian zurücksteckte und sich um Heim und Kind kümmerte. Er war Fotograf, das fehlt ihm, aber er liebt seine Familie...

Schon klar, meistens wird es herkömmlich erzählt, daß die Frau geistig zurückbleibt, während der Mann die beruflichen Anregungen auch im Privaten begehrt. Das sind ja Plattitüden, denn nur im Detail wird verständlich, was der eine jeweils im anderen suchte, was aber nun im wirklichen Leben nicht stattfindet. Daß es diesmal die Frau ist, die die Weite der Welt mit ins traute Heim bringt und das alles etwas beengt fühlt, ist sinnvoll, eben weil ungewöhnlicher. Gleichzeitig unterstützt der Film faktisch schon den armen Vater, der doch so viele Jahre auf berufliche Reputation, auf die Aufwertung seiner Person als Fotograf, wo doch zudem jeder Fotograf auf den großen Durchbruch wartet. Er unterstützt ihn, weil Julian eigentlich nichts falsch macht.

Aber dann gibt‘s im gegenseitigen verbalen Aufrechnen der Vergangenheit – wie gesagt – beim Streichen und Räumen, der Sohn ist auswärts untergebracht – einen Klotz aus der Vergangenheit, der wie aus dem Nichts das Damals heraufbeschwört. Mehr sagen wir jetzt nicht. Die beiden...na eben. Und morgen wird alles anders sein. Oder genau dasselbe. Leben ist eben nicht statisch.

Diese Erkenntnis wurde schon an langweiligeren Filmen gewonnen. Der Film nimmt durch viele Kleinigkeiten für sich ein, denn bei einem gängigen Thema gibt es doch viele filmische Lichtblitze.
Aber warum der Filmtitel englisch daherkommt, finden wir nicht cool, sondern anpasserisch.

Foto: © Verleih

Info:

Besetzung

Fahri Yardim                 Julian
Sylvia Hoeks                Hannah
David Zimmerschied    Georg
Amelie Kiefer                Nora
Bastian Hagen              Flo
Victoria Mayer              Tina
Torben Liebrecht          Max
Alexander Beyer          Fred
Eckhard Preuß             Vermieter
Helena Prison              Pauline
Paulina Hobratschk     Charlotte