f stalinSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. März 2018, Teil 15

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Als der aus Georgien stammende Josef Stalin am 5. März 1953 starb, stand die Welt für einen Moment still. Immerhin hatte er fast drei Jahrzehnte als blutiger Diktator die Geschicke der riesigen Sowjetunion bestimmt, für die das System des Gulag, das Netz von Straf-, Verbannungs- und Arbeitslagern genauso stand wie die Elektrifizierung des ganzen Landes, was ja nur ein Synonym ist für die gleichen Lebens- auch Bildungsbedingungen aller Bürger in diesem Riesenreich.

So sehr also die kommunistischen Errungenschaften als sozialer Fortschritt auch heute noch zu würdigen sind, so eindeutig ist der blutige Terror des Alleinherrschers entlarvt und damit auch die Speichellecker und Wurmfortsätze, die sich als Minister u.a. um ihn als potentielle Erben breit gemacht hatten, aber nie sicher sein konnten, keine Sekunde, ob nicht der nächste sie beiseite schieben, sprich in Ungnade fallen lassen konnte. Und deshalb ist das erbitterte Treiben, die Rivalitäten, die nach dem tödlichen Schlaganfall Stalins eintraten sowieso für eine Komödie gut.

So soll auch der uns nicht bekannte englische Comic die konkurrente Szenerie der potentiellen Nachfolger beschreiben, der als Vorlage für diesen Film ausdrücklich gewürdigt wird. Was den als Komödie avisierten Film angeht, haben wir einen gewichtigen Einwand. Wenn THE DEATH OF STALIN als bitterböse und pechschwarze Komödie, ja gar als Satire bezeichnet wird, stimmt das nicht. Auch wenn man während des Zuschauens oft lachen muß, ob der Absurdität und Komik der Situation, so bleibt diese filmische Darstellung doch viel zu harmlos, viel zu brav, viel zu trivial und banal gegenüber der historischen Wirklichkeit.

Wichtig: Es geht überhaupt nicht darum, ob sich das konkurrente Treiben wirklich so abgespielt hat, ob die uns als historische Figuren bekannten Gesichter glaubwürdig, ja korrekt rüberkommen. Komödie und Satire dürfen alles, wenn sie es beißend tun, so daß es wehtut. Und daran fehlt es. Oft ist das Gebaren einfach nur albern und bleibt im fäkalischen Witz. Allerdings sind diese Typen witzig dargestellt. Darum reißt den Film nur das absolute professionelle Schauspielerensemble heraus.

f stalin2Steve Buscemi verkörpert Chruschtschow, der als Chiffre vielleicht noch am bekanntesten ist und der als sich harmlos gebendes Rundgesicht am Schluß auf Dauer durchsetzen wird. Der Ukrainer Chruschtschow ist erst als Erster Sekretär der Kommunisitschen Partei, dann als politischer Chef durch impulsives, rustikales Handeln aufgefallen und er ist – was erst heute interessant und problematisch wurde – derjenige, der im Mai 1954 die seit 170 Jahren russische Krim der Ukraine, damals Teil der Sowjetunion, schenkte. Übrigens als historischer Dank für den Einsatz so vieler gefallener Ukrainer im Zeiten Weltkrieg, wo er Parteichef in der Ukraine war.

Simon Russell Beale ist Beria, Georgier wie Stalin, der gefürchtete Geheimdienstchef, der schon 15 Jahre lang Chef des Innenministeriums und des Geheimdienstes war. Jeffrey Tambor stellt Georgi Malenkow dar, Stalins Stellvertreter, der nach Stalins Tod dann Regierungschef wurde.

f stalin4Diese drei sind die wichtigen Nebenbuhler um Stalins Nachfolge, die ein absurdes Theater aufführen, als eines Tages der vorher schon als halbverrückter Tyrann aufgetretene Stalin (Adrian Mcloughlin) tot auf dem Teppich liegt. In Wirklichkeit hatte Stalin am 2. März 1953 eine Gehirnblutung erlitten, an der er am 5. März starb.

Ehrlich gesagt sind die wirklich witzigen Szenen, die den Film lohnen, diejenigen, als Stalin auf einmal mit tödlichem Herzinfarkt auf dem Boden liegt - als keiner sich an ihn herantraut, eben weil jeder Angst hat, er würde etwas Falsches tun und gleichzeitig sich jeder überlegt, ob er nicht Stalin nachfolgen könne. Dieses Hin- und Hergeworfensein ist eine fulminante zwiespältige Situation, die der Film genüßlich ausspielt.

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Info:
DIE BESETZUNG

Steve Buscemi (Chruschtschow)
Simon Russell Beale (Beria)
Jeffrey Tambor (Malenkow)
Michael Palin (Molotow).
Paul Whitehouse (Mikojan)
Jason Isaacs (Schukow)
Andrea Riseborough (Swetlana)
Rupert Friend (Wassili)
Paddy Considine (Andrejew)
Olga Kurylenko (Marija)
Adrian Mcloughlin (Stalin)