f gundermannDer neue Streifen des Regisseurs Andreas Dresen („Halt auf freier Strecke“, „Sommer vorm Balkon“) kommt am 23. August in die Kinos

Hanswerner Kruse

Berlin/Steinau (Weltexpresso) - Vorab konnte man GUNDERMANN in einer der Weltpremieren am 14. August in Schlüchtern sehen und dort auch live den Sänger Alexander Scheer auf der Bühne erleben, der Gundermann im Film spielt und der wirklich ein richtig guter Sänger und Musiker ist.

Erwartungsvoll schauen die Musiker Gerhard „Gundi“ Gundermann (Alexander Scheer) an. Der stottert etwas herum, doch dann fängt er zu singen an: „...immer wieder wächst das Gras / wild und hoch und grün / bis die Sensen ohne Hass / ihre Kreise ziehn...“ Schließlich fragt er, „wollt ihr meine Band sein?“ Die Gruppe wurde seine „Brigade Feuerstein“, mit der er in den späten 1970-Jahren in der DDR herumtourte und langsam erfolgreich wurde. Dennoch arbeitete er weiterhin im Braunkohlentagebau, saß in seinem 30-Tonnen-Schaufelbagger und sprach im Rhythmus der Maschine Song-Texte ins Diktiergerät. Oft kam er direkt von seinen Konzerten zur Frühschicht und hielt diese Belastung jahrzehntelang durch. Einerseits war er ein glühender Kommunist und arbeitete zeitweilig sogar für die Stasi, andererseits konnte er seinen Mund nicht halten, legte sich mit den Bonzen an und flog wegen „Eigensinns“ aus der Partei.

Leidenschaftlich kämpfte „Gundi“ um seine große Liebe Conny (Anna Unterberger), die mit einem anderen liiert war. Mit harten Schnitten springt der Film häufig zwanzig Jahre weiter in die Wendezeit, in der sich der Musiker mit seiner Stasi-Verstrickung auseinandersetzen musste. Wie viele war er schuldig geworden, ohne es zu wollen, hatte die Hinterlist der ostdeutschen Geheimpolizei gutgläubig unterschätzt. „Ich kann nicht um Verzeihung bitten, ich kann mir selbst nicht verzeihen“, erklärte er 1992 nach dem Geständnis seiner Stasi-Tätigkeit in einem Konzert.

„Gundermann“ ist ein Heimatfilm ohne die Zustände in der DDR zu verklären, er verbreitet keine Ostalgie, entführt uns Zuschauer aber in das damalige Alltagsleben der Menschen. Wie alle Streifen Dresens beginnt auch dieser ganz unspektakulär und alltäglich, um sich dann dramatisch zu entwickeln. Doch dieser Spielfilm ist kein Biopic, er zeichnet die schillernde und widersprüchliche Persönlichkeit „Gundis“ nur temporär nach, viele Details sind erfunden. Aber die wesentlich Ereignisse stimmen, denn das wirkliche und kurze Leben des Singer-Songwriters - er starb 1998 mit 46 Jahren - war spannend und aufregend genug: „So was Verrücktes wäre mir nicht eingefallen“, sagt Drehbuchautorin Laila Stieler.

Die nicht linear erzählte Geschichte des Musikers springt ohne Übergänge zwischen den Zeitebenen der 1980er und 1990er-Jahre, es fehlen eingeblendete Jahreszahlen oder Erklärungen aus dem Off. Das verwirrt gelegentlich, doch „Gundis“ Geschichte setzt sich schließlich wie ein Puzzle zusammen, in dem vieles offen bleibt. Alexander Scheer, der geniale Schauspieler und fantastischer Sänger, trägt den Film und ist in fast jeder Szene präsent. Doch er zeigt Gundermann im Brechtschen Sinne und lässt auch Rätsel: „Denn ich wollte ihn auf keinen Fall erklären“, sagt er über seine Rolle.

Die Musik ist im Film rockiger als „Gundi“ sie selbst einst arrangierte, Scheer singt seine Lieder voll wilder Empathie. Doch der Streifen ist kein Musikfilm, die Songs, die Scheer darbietet, untermalen oder paraphrasieren meist die erzählte Geschichte: „Von jedem Tag will ich was haben / was ich nicht vergesse...“

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Info:
„Gundermann“, D 2018, 128 Minuten, FSK 0, Filmstart 23. August
Regie Andreas Dresen mit Alexander Scheer, Anna Unterberger, Axel Prahl und anderen.

Vorpremiere mit Konzert am 14. August in Schlüchtern-Steinau ab 19 Uhr
Info und Karten www.kukikino.de

 Bisherige Berichterstattung:

https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/13592-gundermann-film-hommage-an-den-leidenschaftlichen-singer-songwriter 
https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/13593-interview-mit-andreas-dresen