Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. Dezember 2011, Teil 2

 

von Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) –Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht. Hätte uns einer von der zufälligen Begegnung der Elektrizität mit einem Gemütszustand zwecks Vereinigung auf der Filmleinwand gesprochen, hätten wir das doch glatt für Surrealismus gehalten. So aber hat der gute Lautréamont nichts damit zu tun, was sich Stephen Dyer im Buch und die amerikanische Regisseurin Tanya Wexler als Weihnachtsbraten ausgedacht haben.

 

IN GUTEN HÄNDEN

 

Im Original heißt dieser britische-französische-deutsche Film HYSTERIA. Und er spielt dort, wo die Hysterie hingehört, ins 19. Jahrhundert. Kaum einem fällt auf, daß dieses angebliche Krankheitsbild heute fast verschwunden ist und nur im Sprachgebrauch, daß sich einer hysterisch benähme, übrig geblieben ist. Eine Hysterikerin ist heute eine, die aufdreht, übertrieben reagiert und abseits der Norm sich verhält. In dem Sinne ist jede temperamentvolle Südländerin für einen Ostfriesen schon eine Hysterikerin.

 

Für Freud und die Psychoanalyse war die Hysterie aber der Sammelbegriff für neurotische Frauen, die durch Unterdrückung ihres Sexualtriebes eben im Freudschen Sinne hysterisch wurden. Und das schon in Wien. Wie erst im viktorianischen England, über dessen hervorgebrachte Kunstwerke heute Ausstellungen schreiben „Prüderie und Sinnlichkeit“. Der Prüderie wird nun durch einen Vibrator abgeholfen. Den hat nämlich nach viel Pein Doktor Mortimer (Hugh Dancy) zusammen mit seinem Freund, dem Elektro-Dandy (Rupert Everett), erfunden, damit er nicht mehr selbst Hand anlegen muß.

 

Im Ernst. Den angeblich hysterischen Frauen, die unter Entzug von Liebe und Zuwendung litten, wurde durch ärztliche Unterleibsmassage Befriedigung verschafft, die auf Dauer diesem Mortimer Handgelenksschmerzen verursachen. Außerdem möchte er nur für die eine die Hände frei haben, das ist die Tochter seines Arbeitgebers, die aufrührige Charlotte (Maggie Gyllenhaal), die zu den Suffragetten gehört, denen wir Frauen heute überall auf der Welt danken müßten, weil sie mit Schirm, Charme und Hysterie die Männerwelt aufmischte.

Nicht unkomisch, aber etwas mehr Hysterie hätte es schon sein dürfen.

 

 

SOMMER DER GAUKLER

 

Begeistert waren wir, daß einer einen Film über Emanuel Schikaneder dreht, der unsterblich wurde mit dem Libretto zu Mozarts Zauberflöte und das Theater an der Wien gegründet hat, das noch heute ein tolles Haus ist, wandlungsfähig von der besten Oper bis zum schlimmsten Musical und nicht wegzudenken. Im Film von Marcus-H. Rosenmüller, dem Bayern, ist der Roman von Robert Hültner verfilmt, den wir nicht kennen. Wir kennen aber Schikaneder. Nur ein wenig anders. Denn hinter dem Theatermacher – da denkt man schon mal nicht unrecht an die Posse von Thomas Bernhard – steckte ein ernsthafter Kerl, der mit freimaurischen Gedanken in der Welt der Komödie unterwegs war und sein Licht unter den Scheffel stellen mußte, damit ihn die Oberen die Wahrheiten wenigstens im Scherz sagen ließen.

 

Weil wir den Mann so gut finden, lassen wir auch Max von Thun ihn gerne porträtieren als überkandidelten und die Hilfe von Mozart suchenden Wandertruppenschauspieler mit Verantwortung für die Truppe, der nach Salzburg kommen möchte, aber in einem österreichischen Bergdorf strandet. Deftig geht es zu und nichts ist im Lot: die Musiknummern zu laut und die Bergarbeiterrevolution herbeigeholt und kitschig. Ach, wenn sich doch Fellini um Schikaneder gekümmert hätte. Denn um einen solchen Vollblutstoff geht es eigentlich. .

 

 

SHERLOCK HOLMES 2 – SPIEL IM SCHATTEN

 

Jude Law ist erneut Dr. Watson und Robert Downey Jr. wieder Sherlock Holmes, der mit Mycroft (Stephen Fry) einen Bruder bekommt und in dem undurchsichtigen Intellektuellen Professor Moriarty einen Feind, den es ob seines anarchistischen Terrors zu besiegen gilt, obwohl er mit ihm sogar viele Gemeinsamkeiten hat, denn der schlimmste Feind für jemanden steckt in ihm selber. Das ist auch so eine Weisheit, die Arthur Conan Doyle seiner Erfindung Sherlock Holmes auf den Weg gibt.

 

Watson heiratet, was Homes nicht gefällt, denn schon der erste Film spielte mit mehr als freundschaftlichen Neigungen zwischen den beiden Männern. Vor der Hochzeit lernt Holmes mit der Wahrsagerin Sim (Noomi Rapace) die Frau kennen, die die Verbindung zum ermordeten österreichischen Thronfolger herstellt, denn Moriarty will nichts anderes, als die Welt aus den Fugen heben. Da sei Sherlock Holmes vor. Der muß sich aber beeilen.

 

ABENDLAND

 

Um den Untergang des Abendlandes geht es hier nicht. Wohl aber um Europa bei Nacht. Da ist alles versammelt: Nachtarbeit, Vergnügen, Sprachengewirr wie in Babylon, Geburt und Tod und überhaupt alles, was des Nachts passieren kann. Nikolaus Geyrhalter macht daraus einen nachdenklichen Film.

 

LABIRENT

 

Heiß geht es her, in diesem Actionfilm aus der Türkei, wo die Geheimdienste nach den Verursachern der Explosion fahnden, die sie in den Vordermännern einer neu gegründeten Terrororganisation sehen.