 Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Oktober 2025, Teil 5
Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Oktober 2025, Teil 5Stefan Haupt
Zürich (Weltexpresso) – „Wie weit sind wir mittlerweile von Stillers Männer- und Frauenbild entfernt – und wie sehr prägen und beeinflussen uns diese tief eingelagerten Identifikationsmuster heute noch?“ Auch nach knapp 70 Jahren sind die Themen, die in Max Frischs Roman „Stiller“ (1954) behandelt werden hochaktuell. Unsere Unfähigkeit zur Liebe, unsere Suche nach Identität, unser Gefangensein in gefestigten Vorstellungen und Bildern unseres Gegenübers, von uns selbst, unsere Fragen nach „lebbaren“ Beziehungen, nach unserer Liebesfähigkeit, das Gefangensein in narzisstischer Ich-Bezogenheit, genauso wie die Sehnsucht, diese überwinden zu können: das sind zeitlose Themen, die im Roman auf eine solch packende Art und Weise aufgegriffen werden, dass es sehr spannend ist, sie in neu adaptierter Form auf die große Leinwand zu bringen.
Im Landesmuseum Zürich war vor einigen Jahren eine vielbeachtete Ausstellung zu sehen: „Der erschöpfte Mann“. Dort war zu lesen: „Im Laufe der Geschichte haben Männer zahlreiche heroische Ideale für sich geschaffen: strahlende Sieger, selbstherrliche Schöpfer, Abbilder Gottes. Doch jedes Ideal entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Überforderung, an der der Mann schließlich zerbricht.“
Genau daran leidet unser Stiller. Vor dem Hintergrund der heute breit diskutierten Genderthematik und in einer Zeit, in der Männlichkeit in einer Krise steckt und zu Recht hinterfragt wird, gibt es somit Gründe genug, die Geschichte eines Mannes zu erzählen, der mit seiner männlichen Identität hadert, der sein eigenes Bild von Männlichkeit hinterfragen muss und auf radikale Weise nach einem neuen sucht.
In unserer filmischen Adaption geht es aber nicht nur um die Männer, auch die Frauenfiguren wurden gestärkt und ihre Geschichten gleichermaßen hervorgehoben. Letztlich ist STILLER eine Liebesgeschichte. Nicht romantisch, im Sinne von: „Am Ende kriegen sie sich, und sind glücklich“. Nein, es geht um die Fragen: Wie geht das eigentlich: Liebe? Welche Sehnsüchte sind da im Spiel? Welche Besitzansprüche? Welche fixen Bilder, von uns selbst, vom Mannsein, vom Frausein? Welche Ängste? Und wie sehr kann es gelingen, sich neu zu erfinden, nochmals zu beginnen, alleine – und auch gemeinsam?
ANMERKUNG DER PRODUKTION
Der Schriftsteller Max Frisch gehört zu den ganz großen Namen, nicht nur in der Schweizer Kulturgeschichte. Seit Erscheinen seines Romans „Stiller“ 1954 wurden fast 1.3 Millionen Suhrkamp-Ausgaben verkauft. Und auch die internationalen Lizenzausgaben dürften in die Millionen gehen. Inhaltlich wie auch mit visueller Eleganz umgesetzt, ist STILLER keine verstaubte Literaturverfilmung, sondern eine moderne Annäherung an zeitlose Themen. Es war uns wichtig, mittels dieser großartigen Romanvorlage eine Geschichte zu erzählen, die die Zeitreise ins Heute zu meistern weiß. Max Frischs Gedankengut auf das Heute zu übersetzen und damit ein Werk zu schaffen das auch in der Gegenwart eigenständig besteht, ohne den Kern der Romanvorlage zu verändern. Die rätselhafte Geschichte Stillers zieht einen in ihren Bann und lässt einen nicht mehr los. Die Fragen nach dem Sein, nach dem „Wer bin ich?“ und „Wer sollte ich sein?“ bleiben aktuell und ermöglichen einen modernen Film für ein breites Publikum.
ÜBER MAX FRISCH UND DEN ROMAN
„Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste: Sentimentalität. Aber die beste und sicherste Tarnung (wie ich finde) ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Die glaubt niemand.“ Max Frisch Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren. Sein Schaffen zählt zu den wichtigsten Vermächtnissen der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er arbeitete zunächst als Journalist (u.a. Neue Zürcher Zeitung), später als Architekt, bis ihm mit seinem Roman „Stiller“ (1954) der Durchbruch als Schriftsteller gelang. Heute steht der Roman auf der DIE ZEIT-Liste der 100 wichtigsten Bücher, gilt als Standardlektüre und ist im Bildungskanon der Schulen und Universitäten enthalten. Das Thema des Romans, die Identitätsproblematik sowie die Akzeptanz des eigenen Ichs, beschäftigte Max Frisch in vielen seiner Werke, aber er bezieht auch politisch Stellung und verfasst zahlreiche zeitkritische Artikel. Die Romane „Stiller“, „Homo Faber“ und „Mein Name sei Gantenbein“ bilden das literarische Hauptwerk des Schweizer Schriftstellers. Daneben veröffentlichte Max Frisch Erzählungen, Tagebücher, Theaterstücke (u.a. die Parabel „Andorra“ im Zürcher Schauspielhaus), Hörspiele und Essays. Max Frisch starb am 4. April 1991 in Zürich.
Foto:
©Verleih
Info:
BESETZUNG
James Larkin White Albrecht Schuch
Julika Paula Beer
Anatol Stiller Sven Schelker
Staatsanwalt Rolf Rehberg Max Simonischek
Sibylle Rehberg Marie Leuenberger
Dr. Bohnenblust Stefan Kurt
Sturzenegger Martin Vischer
Knobel Marius Ahrendt
STAB
Regie Stefan Haupt
Drehbuch Alex Buresch, Stefan Haupt
Abdruck aus dem Presseheft
 
											