Wer bekommt die Bären? Die Wettbewerbsfilme auf der 62. Berlinale vom 9. bis 19. 2. 2012, 13/25

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Dieser Film handelt von einem wahren historischen Ereignis, dem Massaker von Nanking, das mit der Besetzung der Stadt, damals chinesische Hauptstadt,  im Dezember 1937 durch japanische Truppen  im Zweiten Japanischen-Chinesischen Krieg begann, ungefähr sechs bis sieben Wochen dauerte und zu den schlimmsten, je verübten Kriegsverbrechen zählt, weil über 200 000 Zivilisten und Kriegsgefangene ermordet wurden und weit über 20 000 Frauen und Mädchen vergewaltigt wurden.

Deutsche Zuschauer kennen dies Massaker durch den deutschen Film JOHN RABE. Der in China produzierte und gedrehte Film nimmt nun ein gesondertes Ereignis in den Mittelpunkt. Schülerinnen können die Winchester Cathedral erreichen, wo sie sich im Keller verstecken, dort auf den Journalisten und Weltherumtreiber John Miller (Christian Bale) treffen, der sich freut, als er die Weinvorräte entdeckt und noch mehr, als auch noch 13  sehr schöne und junge chinesische Prostituierte sich in die Kirche retten

Der schon viermal auf Berlinale aufgetretene Regisseur Zhang Yimou wurde durch den Roman von Yan Geling auf diese sowohl filmisch äußerst lohnensreiche Geschichte gebracht, in der die dramatischen Ereignisse sich mit den moralischen paaren: als nämlich die Schülerinnen geschlossen zu einer japanischen Siegesfeier eingeladen werden, wovon jeder weiß, daß es um Vergewaltigungen geht, gehen statt ihrer auf eigenen Wunsch die Prostituierten, die sich zuvor mit Schuluniformen verkleideten, während der in die Priesterrolle geschlüpfte Miller die Mädchen in einem Lastwagen retten kann..

Eigentlich ein düsterer Stoff, der zudem durch die sehr realistischen Kriegsszenen einen frieren läßt, in der fast keine Mauer mehr stehen bleibt und unaufhörliches Schießen stattfindet und durchbohrte oder erschossene Soldaten und Zivilisten, auch Schülerinnen, die Leinwand füllen und Blut eine besondere Rolle spielt. Und dennoch hat der Film etwas Heiteres und Spielerisches und das verdankt er den Einfällen der Regie und einer Schauspielerinnenschar, die sowohl die Prostituierten wie auch die braven Schülerinnen herrlich einfangen.

Tatsächlich sind die dreizehn Schönen so, wie sich eine unbedarfte Mitteleuropäerin chinesische Prostituierte vorstellt: klein, bunt und schillernd gekleidet, zwitschernd und ein wenig grell, nie aber vulgär und vor allem: jede ein ganz eigener Typ, wobei die durch Ni Ni Dargestellte eine Führungsrolle innehat, von der man im Verlauf der Handlung versteht, weshalb sie diese hat, ist sie nicht nur sehr kapriziös und schön, sondern auch diejenige, die sich und ihre Kolleginnen für die Vergewaltigungen und den wahrscheinlichen Tod opfert. Wie nun im Film die Verwandlung dieser Frauenzimmer in biedere Schülerinnen gelingt, hat mit dem Spaß der Truppe am Theaterspielen aller zu tun.

Da werden sowohl aus Gardinen Mädchenkostüme, vor allem aber in einer witzigen Szene dann auch noch durch den Tausendsassa Miller aus den gedrehten Löckchen der Schönen brave glatte Schulhaare. Selbst ein Junge geht hier auf diese Weise als Mädchen durch. Dazwischen findet auch noch eine Liebelei statt, die sich anbahnt, als dieser Ami da glaubt, er könne die arrivierte Prostituierte so nebenbei vernaschen. Durch den Charakterwandel, zu dem Miller angesichts der Anforderungen an ihn, in der Lage ist, ergibt sich die Annäherung von alleine.

Dieser Film ist für China gemacht worden, wo ein großes Interesse im Aufarbeiten der eigenen Geschichte besteht. Dies merkt man deutlich. Für unsere Sehgewohnheiten und filmisches Erleben, geraten die moralischen Passagen, die ja das eigentliche Ereignis sind, zu melodramatisch, sowohl was die entsprechende Filmmusik, wie auch die Länge und Intensität der Szenen angeht. Für uns wäre hier weniger mehr gewesen. Aber da dieser Film eben nicht nur in der Qualität als Film zu werten ist, sondern eine Botschaft hat, die verbreitet gehört, wünschen wir ihm vor allem eine Aufführung in Japan.