Serie: BADEN! 900 JAHRE: GESCHICHTEN EINES LANDES im Badischen Landesmuseum im Schloß Karlsruhe, Teil 2/2

 

Claudia Schulmerich und Hans Weißhaar

 

Karlsruhe (Weltexpresso) – Aber auch Kultur- und Wirtschaftsentwicklung sind in der Ausstellung unterzubringen, weshalb das einmal bei einer der Städteinseln – Bertha und Carl Benz von Mannheim nach Pforzheim - geschieht, ein andermal Sonderthemen eine Rolle spielen, wie „Tabakanbau in Baden“ oder „Das Rätsel Kaspar Hauser“, aber auch zusammenfassend Sprache und Dichtung – Johann Peter Hebel, Joseph Victor von Scheffel, Hermann Hesse, Martin Walser z.B..

 

Da kommt also viel zusammen von den Kuckucksuhren im Schwarzwald – eine köstliche Installation traditioneller und vereinzelt modernistischer von uns auf 42 gezählter Uhren an der Wand – über den Widerstand im Nationalsozialismus und dem heutigen Dasein im deutschen Südwesten in Figur des Verlegers Burda und seiner Bambi-Verleihung.

 

Köstlich dabei die alten Produkte, die in Baden Karriere machten. Das Rothaus Bräu war uns als Nichtbiertrinkerin und potentiellem Biertrinker also nur teilweise bekannt, aber VIVIL in der grünunterlegten Reklame, das kennt doch jeder, aber nicht jeder weiß, woher es kommt und seit wann das Produkt existiert. Wir erfahren also, daß auf die Idee für diese Erfrischungsbonbons ein August Müller um 1900 kam. Er wollte auf der Basis von Pfefferminz ätherische Öle produzieren, die diesen Geschmack erzeugen und brachte es 1902 auf den Markt in Straßburg. VIVIL nannte er es, weil er das lateinische 'vivere' mit dem englischen 'oil' verband. VIVIL war geboren.

 

Uns interessieren solche Vorgänge besonders, denn all das ist Kulturgeschichte und erwähnenswert für die nächste Generation. Das gilt auch für UHU. Das kann man nur noch im Museum sehen, daß UHU einst als Tintenflasche die 'Alles-Tinte' verkaufte. Die Bühler Firma 'Chemische Fabrik Ludwig Hoerth' hatte ein August Fischer 1905 erworben, die alles für die neuartigen Büros produzierten wie eben Tinten, Stempelkissen und Farben. Dann aber kam 1932 der Hit. Dem Unternehmer gelang es, einen Klebstoff auf der Basis von Kunstharz zu mischen, der als charakteristisch gelbe Tube mit dem schwarzen Schriftzuge UHU bis heute in alle Welt bringt.

 

Was hätte hier in der Ausstellung anders sein können bei einer Betrachtung von 900 Jahren Baden? Wir nicht Badenser wissen es nicht, haben nur Mühe, das alles unter einen Hut zu kriegen, was an Vielfalt und Vereinzelung auf uns einströmt. Und schon haben wir es wieder gesagt: „Badenser“. Da sprachen uns doch drei Ausstellungsbesucher streng an, so etwas sage man nicht: „Badenser“. Wir waren ratlos, fanden wir das doch sprachlich besonders apart, denn Badener, das klingt nachgerade langweilig. Aber nein, wurde uns erwidert, ein anständiger Badener wolle niemals als 'Badenser' beschimpft, nur als Badener bezeichnet werden. Woher wir seien? Aus Frankfurt? Die hießen doch auch Frankfurter – und seien auch noch Würstchen – und nicht Frankfurtenser. Schade eigentlich, dachten wir, klingt doch interessanter. Als dann noch ein vierter Besucher sich einmischte und sagte, natürlich heiße es 'badisch', denn der Ausdruck käme von 'unsymbadisch', da trollten wir uns und dachten nur: Diese 900 Jahre-Ausstellung ist insgesamt so disparat und so bunt, wie es das Leben auch ist.

 

bis 11. November 2012

 

Katalog:

BADEN! 900 Jahre, Gesamtleitung Harald Siebenmorgen, Info Verlag, Badisches Landesmuseum Karlsruhe und Autoren, 2012.

Als erstes müssen wir gleich eine Fehlstelle vermelden, oder sogar zwei. Denn als wir den Katalog aufschlugen, um uns nach der Ausstellung mit seiner Hilfe schlauer zu machen – wie immer interessieren einen die tieferen Zusammenhänge nach der Ausstellung mehr als zuvor, weil sich viele Fragen angesammelt haben - , da fanden wir keine geografische Karte die uns über die heutige interne Gebietstrennung von Baden-Württemberg Aufschluß gäbe, also, wo wir die badischen Grenzen genau ziehen müssen, um die Badenser, denn um die geht es, von den Württembergern zu scheiden. Dabei sind sowohl die beiden vorderen Umschlagseiten des Katalogs wie auch die beiden hinteren reinweiß geblieben und wären für unser Interesse mit einer Karte der Gebiete von Baden und Württemberg wunderbar geeignet gewesen. Wir können uns nicht vorstellen, daß es nur uns so ging, denn die Ausstellung im Karlsruher Schloß ist spannend und gut geeignet, im Katalog weiter zu forschen.

 

Ja, dann kommen sie, die historischen Karten. Sowohl die Städte der Markgrafen von Baden auf Seite 45 wie auch die Markgrafschaften ab dem Jahr 1535 auf Seite 64 sowie auf Seite 106 die Gründung des Großherzogtums Baden sind geografisch detailliert dargestellt. Da sind wir zufrieden, wie überhaupt der ganze Katalog ansonsten zu loben ist, denn er ist lesefreundlich mit Bildern der Objekte der Ausstellung im Kontext bestückt, wo sowohl die Einordnung des Objektes in die jeweilige Geschichte wie auch seine Einzelbeschreibung gründlich und auch für Laien – sprich: die Bevölkerung – verständlich formuliert ist. Ehrlich gesagt finden wir, daß dieser Katalog in jede badensische oder auch badische Familie gehört oder sogar – bei genauerer Überlegung – in jedes Haus in Baden-Württemberg!

 

Das aufwendige Begleitprogramm entnehmen Sie bitte der Webseite.

www.baden900.de

www.landesmuseum.de