LAND & GENUSS. Natur, Garten und Lebensart auf der Frankfurter Messe, 26. 2. - 1.3., Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn es vor Eröffnungen in neuer Variation Handkäs' mit Musik gibt und danach einen trockenen, frischen Äppelwoi, dann läßt man sich auch längere Reden gerne gefallen.

 

Schließlich hatte bei der offiziellen Eröffnung dieser Messe, die eine für den Endverbraucher ist, der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), die Veranstalter von LAND & GENUSS ist, Carl-Albrecht Bartmer dem großen Rund der Zuhörer wirklich viel zu sagen. Daß diese Messe nach einem Senkrechtstart nun das vierte Mal stattfindet, davon träumen andere Messen nur. Der Präsident führt den Erfolg - „den Trip aufs Land mitten in der Stadt“ - unter anderem darauf zurück, daß die Stadt Frankfurt als Zentrum des Ballungsraums RheinMain auch landwirtschaftliche Betriebe in größerer Zahl aufweise und daß die typischen hessischen Spezialitäten buchstäblich „in aller Munde“ seien.

 

Die Messe ermögliche eben die Kontakte in beide Richtungen, der Städter lerne den Landwirt um die Ecke kennen und genauso wichtig sei es, daß die Landwirte die Städter erlebten, von deren Einkaufskraft sie lebten. Dabei ist das Wissen der Landwirte um die Städter größer als die Kenntnisse der Stadtbewohner von der Landwirtschaft. Das konnte Bartmer an Zahlen verdeutlichen: 62 Prozent der Städter wissen demnach nichts über die heutige Landwirtschaft und nur 11 Prozent sagen von sich, daß sie von der modernen Landwirtschaft Ahnung haben.

 

 

Vom Acker auf den Teller

 

Unter einem solchen Motto wird die Messe vor allem für Kinder und Jugendliche interessant. Und wenn es die Messe nicht aus ökonomisch-ökologischen Gründen schon gäbe, dann müßte man sie aus erzieherischen erfinden. Den Eindruck auf jeden Fall konnte man am ersten Messetag haben, wenn man die Kindergartenkinder Hand in Hand die Halle 1.2 betreten sah. Andächtig. Und dann erst die Tiere im Freiland! Die Freude, das Staunen über das Lebendige. Aber das ist eine andere Geschichte, die noch kommt. Auch bei unserem Weggang fielen wir fast über die vielen Kinder, die vollgepumpt mit Erlebnissen die ganze U-Bahn unterhielten. Für den Präsidenten steht fest, daß die Messe das größte Schulfrühstück der Stadt ist und er faßte die Bedeutung für die Schüler zusammen: Erlebnis, Information und Genuß.

 

 

Über Eßkultur

 

Beatrix Tappeser ist Staatssekretärin des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und brachte nicht nur die Grüße der Landesregierung, sondern legte auch Wert darauf, daß Agrarkultur eben eine Kultur sei und forderte ein Verständnis von Kultur als ganzheitliches Konzept ein. Wir mußten dabei an die denkwürdige Rede eines Kulturpapstes aus NRW denken, der mit dem Stock in der Hand (aus einer Weinranke gewonnen) an die griechische Herkunft unseres aus dem Römischen entnommenen Begriffs von Kultur und Kultivieren erinnerte und genau erklärte, daß dieses Wort und der gesamte Wortstamm direkt aus dem Weinbau kommt, wo nämlich das Schneiden der jungen Reben die entscheidende Voraussetzung für das reiche Blühen des Weinstocks und der vollen Traubenernte sei. Es hat also die Landwirtschaft über den Weinbau nicht nur mit der Agrarkultur zu tun, sondern ihre Kultivierungstechniken sind sprachlich zum Ausgangspunkt pädagogischen Handelns in Europa geworden.Das hört man nicht gerne, denn Abschneiden und Züchten sind einem im Pädagogischen keine angenehmen Begriffe, aber die sprachliche Herleitung ist bombensicher bewiesen und insofern ist Eßkultur nicht etwas Angehängtes an die sonstige Kultur, sondern umgekehrt das Kultivieren der Pflanzen die Voraussetzung, daß auch im übrigen Leben alles blüht und gedeiht.

 

Jetzt sind wir zwar weit abgekommen von den Worten der Staatssekretärin, woran aber nicht der Äppelwoi Schuld ist, denn der kam erst nachher. Dazwischen gab auch der Frankfurter Wirtschaftsdezernent Markus Frank ein Grußwort ab, erinnerte an die Ernährung aus der Region und daß die Stadt Frankfurt trotz des Bedarfs an immer mehr Wohnraum diesen nur aus schon versiegelten Flächen schöpfen wolle und den 600 Landwirten im Gebiet der Stadt Frankfurt ihren Boden belasse. Man wolle sogar das Grün noch ausbauen, in dem man Grünflächen miteinander verbinde. Daß in Frankfurt die modernste Getreidemühle Europas steht, wußten wir zuvor auch noch nicht und ebenfalls nicht, wie viel ihre Modernisierung gekostet und wer sie bezahlt hatte.

 

Daß die Messe ein Erfolgsmodell sei, zeigte die zuständige Projektleiterin Alexandra Feldmann auf. Mit 270 Ausstellern habe sich die Messe seit dem Vorjahr erneut um 20 Prozent gesteigert, nachdem sie schon von 2013 auf 2014 um ebenfalls 20 Prozent zugelegt hatte. Darum reichte die zweite Ebene der Halle für die Stände nicht mehr aus und die Messe erstrecke sich auch auf die Ebene 1.1..Gekommen sind als Aussteller sowohl Direktvermarkter wie Landwirte, Landtourismus, Garten, vor allem aber gehe es um die regionalen Spezialitäten, die insbesondere im ersten Stock angeboten werden. Daß der von der Staatssekretärin per Hammer unternommen Anstich des vom Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien spendierten Äppelwoifasses etwas zögerlich ausfiel, spricht nicht gegen die Politikerin, die also nicht hammerartig auftrat. Der Äppelwoi floß und mundete. Fortsetzung folgt.

Foto: von links nach rechts: Staatssekretärin Tappeser, Stadtrat Frank, Projektleiterin Feldmann, Präsident Bartmer, (c) Rolf Maass