herr4Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2024, Teil 3

Redaktion 


Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Kafka zählt zu den bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Wer sich mit Literatur beschäftigt, kennt seinen Namen und sehr wahrscheinlich auch eine seiner Erzählungen. Wie fühlte es sich an, als Ihnen diese Rolle angeboten wurde?


Ich hätte mir keine schön-schwierigere und erfüllendere Herausforderung denken können, als in die Gedankenwelt von Franz Kafka einzutauchen, und zu versuchen, dieser Figur von ungeheurer Gravitation und Bedeutung gerecht zu werden. 

2021 erreichte mich die Casting-Einladung, im Zuge der Vorbereitung darauf habe ich mich erstmals mit dem Roman von Michael Kumpfmüller befasst, und war sehr glücklich, für eine Verfilmung dieses berührenden Buchs in Frage zu kommen.

Ich habe gehört, Sie sind durch die Drehvorbereitung Kafka-Experte geworden. Stimmt das? Haben Sie ein Lieblingswerk, dass Ihnen besonders am Herzen liegt? 

Als Experte würde ich mich bei Weitem nicht bezeichnen, da das Leben und das Schaffen von Franz Kafka in zwei Jahren Vorbereitungszeit niemals erfasst werden kann, wo Literaturwissenschaftler sich ganze Leben lang mit ihm und seinem Werk befassen, ohne zu einem Abschluss zu gelangen. 

Ich möchte kein Werk von ihm besonders hervorheben, sondern eher der Hauptbotschaft des Films folgen: Die Herrlichkeit offenbart sich in jedem kleinen Detail. Es gibt keinen einzigen Satz, so unauffällig er auch erstmal scheint, der beim Lesen nicht berührt, und eine Regung der Fantasie auslöst. Müsste ich mich dennoch für ein Werk entscheiden, so hat mich ihm der „Brief an den Vater“ am meisten nahegebracht. 

Wie haben Sie sich auf die Dreharbeiten vorbereitet? Gibt es etwas, worauf Sie ein besonderes Augenmerk gelegt haben?

Es war mir wichtig, Kafkas Handschrift als Teil seiner Persönlichkeit so originalgetreu wie möglich in den Film zu übertragen, und den Vorgang der Materialisierung seiner Gedanken ohne Schnitte zeigen zu können. Die Produktionsfirma vermittelte mir im Vorfeld den Kontakt zur Kalligrafin Vera Rubenbauer, welche seit Jahren historische Handschriften für Filme reproduziert, bei der ich Unterrichtsstunden nehmen durfte. Darüber hinaus bestand die Vorarbeit selbstverständlich aus der Lektüre seiner Werke und Unmengen von Sekundärliteratur. Parallel haben wir bei vielen Treffen das Drehbuch besprochen und weiterentwickelt, und schließlich einen Monat vor Drehbeginn gemeinsam mit Henriette Confurius, Georg Maas und Judith Kaufmann begonnen, die Szenen zu proben, um nach der gemeinsamen Richtung zu suchen, wie wir Michael Kumpfmüllers Roman am besten für das Kino adaptieren können. 

Eine Beschreibung des Menschen Franz Kafka in einem Satz. Geht das?

Humorvoll, hochsensibel, aufmerksam und liebevoll auf die Facetten des Lebens schauend, schmerzhaft reflektiert um seine Dämonen wissend.

Der Kafka, den Sie im Film präsentieren, entspricht nicht dem „geläufigen“ Kafka-Bild. Warum ist das so?

Es war keine bewusste Entscheidung, uns von einem geläufigen Bild zu distanzieren, sondern resultierte aus der Auseinandersetzung mit der Romanvorlage sowie der Drehbuchadaption, die Kafka von einer bisher weniger bekannten Seite zeigen. Darüber hinaus lassen Fotos und Tagebuchnotizen ein vielschichtigeres und helleres Bild von Kafka erahnen, als gemeinhin etabliert ist. Die Arbeit an dem Film folgte gewissermaßen unserer Suche nach der Wahrhaftigkeit dem Leben Kafkas und Dora Diamants gegenüber, die uns vorschwebte. 

Der Film erzählt eine große Liebesgeschichte. Wer ist Dora Diamant, was bedeutete Sie in Ihren Augen für Kafka?

Dora Diamant ist für mich der Schlüssel, der Kafka erst die Tür zu dem Menschen öffnen konnte, den er nicht einmal selbst in sich vermutet hätte. Sie hat ihm die Kraft geschenkt, die Hilflosigkeit gegenüber seiner eigenen Endlichkeit zu ertragen, und die Herrlichkeit des Lebens im Angesicht des Todes erkennen und wertschätzen zu können. 

Wie war die Zusammenarbeit mit Henriette Confurius? Sie kannten sich schon aus vorherigen Projekten.

Das Schöne an unserem Umgang ist, dass es nicht vieler Worte bedarf. Es ist jedes Mal aufs Neue ein großes Geschenk, mit Henriette arbeiten und mich mit ihr gemeinsam in die Tiefe unserer Figuren stürzen zu dürfen. Darüber hinaus hat sie über die Jahre eine freundschaftliche Toleranz gegenüber meinem Humor entwickelt.

Haben Sie eine Lieblingsszene im Film und gibt es einen besonderen Moment während der Dreharbeiten, der Ihnen wichtig ist?

Der Heurigen, da mir erst während der Dreharbeiten bewusst wurde, dass dies ein unausgesprochener Abschied im Moment absoluter Hingabe an die schmerzhafte Schönheit des Lebens ist. In dieser Szene ist für mich alles spürbar, was wir uns erhofft haben und nicht wissen konnten, ob es sich am Ende einlöst.

Was wünschen Sie sich, dass die Zuschauer.innen mit aus dem Kino nehmen, nachdem sie DIE HERRLICHKEIT DES LEBENS gesehen haben?

Wie bei vielen Filmen zuallererst das Gefühl, eine berührende Reise gemeinsam mit uns begangen zu haben. Und es würde uns alle glücklich machen, wenn wir mit dem Film der Erkenntnis, dass in jedem Detail die ganze Herrlichkeit des Lebens versteckt sein kann, neuen Raum gegeben haben.



Foto:
©Verleih

Info:
Besetzung
Dora Diamant      Henriette Confurius
Franz Kafka         Sabin Tambrea
Max Brod            Manuel Rubey
Elli Hermann       Daniela Golpashin
Paul                     Leo Altaras
Tile                       Luise Aschenbrenner
Ottla                    Alma Hasun
Milena                 Mia   Klein Salazar
Gerti                    Mira Griesbaum
Felix                    Lionel Hesse
Albert                  Caspar Stoltenberg
Frau Kasulke.      Michaela Caspar
Dr. Hoffmann      Klaus Huhle

Stab
Regie          Georg Maas & Judith Kaufmann 
Drehbuch.  Georg Maas, Michael Gutmann