wünsche2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. November 2025, Teil 7

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - IDEE Was in diesem Stoff und in seiner Hauptfigur Felix Niemann steckt, ist das Grundgefühl unserer Zeit. Trotz all der Sicherheit und dem Wohlstand, den wir haben, fühlt sich die Welt an, als sei sie unsicherer geworden, als stünde unser Status Quo auf dem Spiel und könne mit einem Fingerschnippen weggewischt werden. Wir haben verlernt, glücklich zu sein. Damit geht es uns nicht anders als dem Helden aus DAS LEBEN DER WÜNSCHE: Felix Niemann steckt in einer ausgewachsenen Midlife-Krise.

Es ist ein schwammiges Gefühl, das sich nicht so genau benennen lässt. Trotzdem wollte ich mich damit auseinandersetzen, Bilder dafür finden und eine Geschichte erzählen, die einen unmittelbar angeht.

Dazu kommt ein weiteres Thema, das aus dem Roman von Thomas Glavinic mitschwingt: In einer Beziehung zu stecken, von der man nicht genau weiß, ob sie die richtige für einen ist. Diese verschiedenen Ebenen wollte ich zusammenzubringen. Das war anfangs zwar etwas knifflig, aber in jeder Phase ein tiefgehendes Erlebnis - auch weil alle, die mit mir an DAS LEBEN DER WÜNSCHE gearbeitet haben, große Lust und Freude mitbrachten, das gemeinsam filmisch umzusetzen. Auch Matthias war von Anfang an sehr motiviert, für ihn war der Film eine Herzensangelegenheit. Er hat den Roman gelesen, das Projekt mit zum Leben gerufen. Er war hier mehr als nur der Hauptdarsteller, war in viele kreativen Prozesse involviert, hat in der Drehbuchphase jede Fassung gelesen und kommentiert, Vorschläge gemacht, Anregungen gegeben oder einfach nur motiviert.


DAS ABENTEUER

Ganz zu Beginn der Arbeit an einem Film versuche ich, in mich hineinzuhören und herauszufinden, welches Gefühl in einem Stoff steckt, das mit mir persönlich zu tun hat: Warum möchte ich diesen Film machen? Warum soll ich Jahre investieren, um diese Geschichte zu erzählen? Was ist es, dass ich der Welt zeigen könnte? Meine Mission ist die Überzeugung, dass man im Kino Menschen berühren kann, dass Kino ihnen etwas bietet, das sie im Alltag nicht bekommen.

Wir verlangen vom Publikum viel: Sie kaufen ein Ticket, organisieren einen Babysitter, nehmen sich den Abend frei und gehen ins Kino. Deshalb sind wir ihnen etwas schuldig – wir müssen ihnen mehr mitgeben als bloße Ablenkung. Müssen ihnen etwas für ihr Leben mitgeben. Einen Mehrwert, der darüber hinausgeht, sich einfach nur abzulenken und unterhalten zu werden. Dieses etwas muss erlebbar sein, das Publikum stimulieren, einen anderen Blickwinkel bieten. Ich habe gelesen, dass das Gehirn abschaltet, wenn es Dinge tut, die es schon kennt. Wenn man dagegen etwas Neues unternimmt, etwa eine Reise an einen Ort macht, an dem man noch nicht war, feuert das Gehirn aus allen Rohren, weil es sich nicht auf abgespeicherte Informationen verlassen kann. Auf einmal sieht man Dinge anders. Dem verschreibe ich mich auch als Filmemacher: Ich will Filme machen, bei denen das Gehirn aus allen Rohren feuern muss. Das erfüllt das Leben mit Sinn, macht uns zu glücklicheren, besseren Menschen. Kino stiftet Empathie: Wir laufen in den Schuhen anderer. In unserem Fall in denen eines Mannes, der scheinbar alles hat – und doch spürt, dass etwas fehlt. Wir schicken ihn auf eine Reise, auf der er lernt, scheitert, Widerstände spürt und beinahe stirbt, um das Leben neu zu sehen und zu verstehen, was wirklich fehlt und in ihm steckt.


DIE LIEBE (UND MEHR ALS DAS)

Was wir, also Ko-Autor Friedemann Karig und ich, hier erzählen wollen, ist etwas Besonderes: nicht die normale Geschichte einer gefundenen Liebe, sondern die von der Veränderung der Liebe. Dass Felix lernt, Bianca richtig zu lieben, bedeutet in seinem Fall, Loslassen zu lernen. Liebe ist hier etwas Größeres, eine Trennung aus Liebe kann etwas Gutes sein. So mischt sich in das Spiel zwischen Felix und Bianca Verenas Figur Paula, die etwas Magisches mitbringt, und die in ihren Auftritten Felix über die Grenzen der Realität pusht.


DIE HERAUSFORDERUNGEN

Die Herausforderungen waren in jeder einzelnen Phase der Filmherstellung sehr vielschichtig. Zunächst die Arbeit am Drehbuch mit Friedemann Karig. Die Geschichte sollte alle Ebenen ansprechen, die uns bei einem modernen Wunschfilm wichtig waren: Die innere, emotionale Reise des Protagonisten. Die Liebe, die dabei eine wichtige Rolle spielt. Die Arbeit, die bei Felix für die äußere Welt steht. Und wir werfen einen Blick auf den Mann von heute und auf eine moderne Männlichkeit, die lernen muss, sich nicht für Gefühle zu schämen, oder dafür, sanft und emphatisch zu sein. Diese vier Grundthemen wollten wir erzählen, während im Zentrum immer die Geschichte der Wünsche steht, die Felix gewährt werden.

Auch das war eine Herausforderung, denn Filme, in denen 3 Wünsche erfüllt werden, kennen wir. Wir aber wollten etwas anders machen, wir wollten im Ungefähren bleiben. Im Unterbewussten. So dass nie hundertprozentig klar ist, ob das, was man sieht, wirklich passiert oder sich nur in der Fantasie oder dem Traum unseres Protagonisten abspielt. Ob es Spinnerei ist oder wirklich etwas Dunkles, Magisches.

Der eigentliche Dreh hatte dann seine eigenen Herausforderungen. Wie immer, die Balance aus Zeit und Geld zu finden. Wir hatten aber noch aufwändige Stunts, fliegende Schweighöfers, eine Traumwelt, diverse In-Camera und VFX-Effekte (in Zusammenarbeit mit LUMATIC) auf der Uhr.


DIE HAUPTCHARAKTERE 

Ich bin wahnsinnig glücklich, dass sich, Dank der Casterinnen Liza Stutzky und Greta Baumann, genau diese Menschen für diese Geschichte zusammengefunden haben und dieser Cast im Film zu einer harmonischen Einheit zusammengewachsen ist. Die Arbeit mit ihnen allen war erfüllend. Mit Matthias hatte ich über einen langen Zeitraum einen sehr intensiven Kontakt. DAS LEBEN DER WÜNSCHE war von Anfang an sein Baby, in das er wahnsinnig viel reingesteckt hat. Wir haben im Vorlauf viel diskutiert. Wie geht Felix? Hat er vielleicht eine kleine Plauze? Wie schaut er Bianca an? Wie redet er mit seinem Boss? Wie ist seine Körperhaltung? Wir haben über jedes einzelne fehlende Haar auf seinem Kopf debattiert. Eine sehr luxuriöse Situation, mit einem Schauspieler wie ihm so detailliert und lang an einer Figur arbeiten zu können. Als dann die beiden weiblichen Hauptrollen dazukamen, war das für mich pure Magie. So etwas wie die Arbeit mit Luise Heyer und Verena Altenberger habe ich zuvor noch nicht erlebt. Beide haben ihre Rollen nicht einfach gespielt, sie haben sie im Drehbuch förmlich nochmal neu definiert, ihnen im wahrsten Sinne des Wortes Leben und damit Tiefe und Echtheit eingehaucht. Sie haben sich Gedanken gemacht, die alles übersteigen, was man sieht, etwa für ihre Figuren versteckte Motivationen herausgearbeitet, die vielleicht nur in einzelnen Nebensätzen anklingen. Und die doch dafür gesorgt haben, dass ihre Figuren eine dreidimensionale Tiefe erhielten. Wir haben lange gesucht und viel ausprobiert. Und was wir schließlich gefunden und bekommen haben, hat all meine Vorstellunen übertroffen. 


DER CAST

Ähnlich die Arbeit mit Benno Fürmann, Ruby O. Fee und Henry Hübchen. An Benno hat mich seine wahnsinnige Präsenz beeindruckt. Er konnte sich in diesem Film als Turbokapitalist auch mal etwas Verrückteres erlauben: Benno hat viele Ideen mitgebracht, wir hatten sehr viel Spaß dabei, uns kleine Eigenheiten für seine Figur auszudenken, etwa dass sie immer New-Age-Matcha-Tee trinkt. Auch die Sprache haben wir entwickelt, dieses überhöhte „Oh Yeah“. Genauso mit Ruby. Wir haben hart daran gefeilt, ihre Figur herausstechen zu lassen in dieser männerlastigen Welt, in der sie sich zu behaupten versucht. Es war ein ständiges Ausprobieren, wie weit man gehen konnte, ohne sie zu überzeichnen. Ruby wollte gerne mit einer tieferen Stimme sprechen, also habe ich ihr eine kleine Plastikvorrichtung geschenkt, in die sie vor dem Dreh hineinschreien konnte, um ihre Stimme damit tiefer zu machen.

Ich hatte mich sehr darauf gefreut, Henry Hübchen anrufen zu dürfen und ihm die Rolle anzubieten. Er reagierte auch sofort – mit einem schroffen „Nein“. Dem Nein und Auflegen folgten zehn Minuten danach ein Rückruf und die Einladung vorbeizukommen. Kurze Zeit später saß ich bei ihm am Küchentisch. Er hatte gleich erkannt, dass der Stoff eine moderne Faust-Variante ist und ihm die Rolle des Teufels zufallen sollte. Er hatte daher großen Respekt vor der Rolle. Ich erklärte ihm, dass wir noch Spielraum in der Entwicklung hätten und er sich daran gern beteiligten könne, so wie das auch Luise und Verena taten. So hat er zugesagt. Und Vollgas gegeben.


DER STAB

Ein wichtiger Mitstreiter ist für mich immer mein Kameramann Johannes Louis, der auch hier schon früh in die Entwicklung involviert war. Er las die neuen Drehbuchfassungen immer gleich mit und entwickelte dabei Ideen, wie man einzelne Szenen auflösen könnte. Letztlich waren aber alle Departments gefordert und mussten bei diesem besonderen Stoff über sich selbst hinauswachsen. Die Szenographie von Tim Pannen etwa war beschäftigt mit Sets wie dem Jaques Tati-artigen Großraumbüro, dem detailreichen Wünscheladen oder der Traumwelt im letzten Drittel des Films. Das Kostümbild von Regina Tiedeken war angehalten, die verschiedenen Stadien adäquat abzubilden, die Matthias‘ Figur durchläuft. Genauso das Maskenbild von Katharina Thieme, Sylvia Grave und Emilia Grund: Um den Überblick über Felix’ verschiedene Haarstadien zu behalten, haben wir diesen Bezeichnungen gegeben wie H1, H2 und H3. Entsprechend mussten wir den Haarwuchs festlegen und analog dazu den Zustand der Garderobe. Wie man weiß, wird aber nicht chronologisch gedreht. So kam es vor, dass an ein und demselben Tag zwei oder sogar drei der Stadien an die Reihe kamen – und entsprechend Matthias’ Aussehen angepasst werden musste. Anspruchsvoll blieb es auch bei den anderen Rollen für Maske und Kostüm: Benno Fürmann, trug ein Toupet. Ruby hatte eine Perücke und Henry hatte die Haare schwarz gefärbt. All das musste immer mitberücksichtigt werden.


DIE STADT

Im Hintergrund der Handlung von DAS LEBEN DER WÜNSCHE lauert immer diese große Stadt mit ihren Wolkenkratzern. Ob aus dem Bürofenster von Felix‘ Firma, ob hinter dem Haus, in dem er mit Bianca und den Kindern lebt, oder beim Gang durch die Straßenschluchten, irgendwie ist sie immer präsent. 21 Es ist eine Stadt, die auf der einen Seite vertraut wirkt, auf der anderen Seite aber doch sehr fremd ist. Genau das war mir wichtig, denn es sollte explizit keine Stadt sein, die man sofort identifizieren kann. Sie sollte auch nicht den Standardlook eines deutschen Films haben, denn was wir hier erzählen, ist ein modernes urbanes Märchen. Die Stadt im Film ist eine Metapher für den Kapitalismus, der wiederum eine direkte Verbindung zum Thema „Wünsche“ zieht. Die Stadt sollte sich außerdem an den mentalen Zustand von Felix anpassen können. Doch wie sollten wir diese Stadt zum Leben erwecken? Meine Idee hierfür war ein Stadtmodell aus Papier bzw. aus Karton mit aufgeklebten Papierfassaden. Wir haben das zunächst im kleinen Team mit Kameramann Johannes Louis und Second Unit Regisseur Jonas Riemer selbst ausprobiert und dann der Produktion vorgestellt. Mit Erfolg. Das heißt wir haben die ganze Stadt, die man im Film sieht, als „Pappstadt“-Modell auf vier mal fünf Meter aufgebaut und dann gefilmt. Für die Büroszenen, in denen man die Wolkenkratzer im Hintergrund durch die Fenster sieht, haben wir unsere „Pappstadt“ vor Greenscreen gedreht – und im Nachhinein mit Hilfe von Lumatic in die Fenster eingebaut. Das mag recht einfach klingen, war  im Gegenteil aber ein ziemlicher Aufwand. Aber die Stadt ist „echt“ und nicht virtuell, das war mir wichtig. 

Foto:
©Verleih

Info:
DAS LEBEN DER WÜNSCHE
 
DarstellerInnen
Felix Niemann   Matthias Schweighöfer
Bianca.   Luise Heyer
Paula    Verena Altenberger
Gideon    Benno Fürmann
Jill     Ruby O. Fee
Werner    Roman Kanonik
Ludwig    Jan Krauter
Kipling    Henry Hübchen
Alma.    Luise Landau
Tom.      Anton Landau
Dr. Erika Schmitt      Amira Ghazalla
Schmidtke        Prince Kuhlmann
Zya Thies     Die Huepsche
Matthäus der Barista     Tom Böttcher
Sprecher    Folke Re

Stab
Regie Erik Schmitt
Drehbuch Erik Schmitt & Friedemann Karig
basierend auf dem Roman „Das Leben der Wünsche“
von Thomas Glavinic

Produktion / Jahr Deutschland / 2025
Bildformat 1:2,39
Tonformat Dolby 5.1
Laufzeit 95 Minuten

Abdruck aus dem Presseheft